Der schlaflose Minner (B33): Unterschied zwischen den Versionen
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===A Einleitung (1–38): === | |||
Der Sprecher beklagt, dass er nachts von der Vorstellung, es wecke ihn die Geliebte, aus dem Schlaf gerissen wird (Vergleich seiner vergeblichen Herzensgrüße mit dem Hämmern auf einem Amboss). Wegen seines Liebeskummers wälzt er sich unruhig und traurig im Bett umher. Er beklagt das Ende | |||
seines Traumes. – Der Übergang in den folgenden Traumbericht ist fließend; der | |||
ganze Traum wird dann auch nur fragmentiert, durch Klagen unterbrochen, wiedergegeben; es entsteht nicht der Eindruck eines halbwegs in sich konsistenten Traums. | |||
===B Traum und Klage (39–176): === | |||
Der Sprecher beschreibt seinen Traum: Er sitzt bei | |||
seiner Geliebten im Klee an einem von Wasser umschlossenen Locus amoenus (Vogelgesang, Blumen, Quelle). Die Geliebte erfreut ihn durch höfisches Verhalten und | |||
Scherze (61f.: ''Mit hofenlichen sachen | Kont si vil schimpfez machen''). Einschub einer | |||
Klage (70–73), erwacht zu sein: Vergleich des gequält sich windenden Sprechers mit | |||
einer sich um Bäume wickelnden Hopfenpflanze. – Ab V. 74 benutzt der Sprecher | |||
auffallend oft die Formel »ich (ge)denck« oder »(ge)denck ich« (74, 76, 84, 97, 101, | |||
115, 123, 125, 135, 138, 157), im Sinne von Vorstellung, Imagination. Er preist seine Geliebte als wunderschön und tugendreich, sie sei allem Silber und Gold, Edelsteinen und Kräutern (oder Wurzeln) vorzuziehen. Er wolle ihr eigen sein. Es folgt eine ausführliche Schönheitsbeschreibung im Wesentlichen nach dem A capite ad | |||
calcem-Schema (97–137), genannt werden: Kopf, Kleider, Augenbrauen, Kinn, Haare, Wange, Mund (mit Verweis auf die im Traum gehörten süßen Worte), Zähne, | |||
Grübchen, Hals, Arme, Brüste, Hände, Finger, Hüfte (133: ''da der gürtel ligen sol''), | |||
Beine und Füße. Der Sprecher denkt daran, wie unvergleichlich die Geliebte aus dem | |||
Kreis der Damen hervorsticht. Bei ihrem Anblick spürt er Freude und Leid gleichzeitig. Sein Herz klopft und drischt, als sei es völlig entfesselt. Er fürchtet, nie mehr | |||
einzuschlafen, und so auch nicht mehr in den Genuss der Erfüllung im Traum zu | |||
kommen (Reflexion auf das Träumen: Es schade ihrer Ehre nicht: ehrenhafte Minneerfüllung). Er wünscht sich eine freundliche Umarmung und eine Trostzusage, die | |||
seinen Kummer vertreiben könnten. | |||
===C Schluss (177–192): === | |||
Da er nicht mehr einschlafen kann, wünscht sich der Sprecher | |||
den Tag herbei. Er hofft, die Geliebte nun in Wirklichkeit zu treffen und dann im | |||
immerwährenden Wunschleben mit ihr das Ende allen Trauerns und der Anfeindung ''valscher klaffer'' (186) zu erreichen, | |||
([[Klingner, Jacob/Lieb, Ludger: Handbuch Minnereden]], S. 57f.) | |||
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Aktuelle Version vom 7. September 2021, 08:20 Uhr
Der schlaflose Minner (B33) | |
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AutorIn | Anon. |
Entstehungszeit | Überlieferung ab 1425 |
Entstehungsort | |
AuftraggeberIn | |
Überlieferung | Heidelberg, Universitätsbibliothek: Cpg 313, 247r-250v Karlsruhe, Landesbibliothek: Hs. Donaueschingen 104, 193vb-194vb |
Ausgaben | |
Übersetzungen | |
Forschung | Klingner, Jacob/Lieb, Ludger: Handbuch Minnereden, S. 57f.; Klingner, Jacob: Der schlaflose Minner |
Inhalt
A Einleitung (1–38):
Der Sprecher beklagt, dass er nachts von der Vorstellung, es wecke ihn die Geliebte, aus dem Schlaf gerissen wird (Vergleich seiner vergeblichen Herzensgrüße mit dem Hämmern auf einem Amboss). Wegen seines Liebeskummers wälzt er sich unruhig und traurig im Bett umher. Er beklagt das Ende seines Traumes. – Der Übergang in den folgenden Traumbericht ist fließend; der ganze Traum wird dann auch nur fragmentiert, durch Klagen unterbrochen, wiedergegeben; es entsteht nicht der Eindruck eines halbwegs in sich konsistenten Traums.
B Traum und Klage (39–176):
Der Sprecher beschreibt seinen Traum: Er sitzt bei seiner Geliebten im Klee an einem von Wasser umschlossenen Locus amoenus (Vogelgesang, Blumen, Quelle). Die Geliebte erfreut ihn durch höfisches Verhalten und Scherze (61f.: Mit hofenlichen sachen | Kont si vil schimpfez machen). Einschub einer Klage (70–73), erwacht zu sein: Vergleich des gequält sich windenden Sprechers mit einer sich um Bäume wickelnden Hopfenpflanze. – Ab V. 74 benutzt der Sprecher auffallend oft die Formel »ich (ge)denck« oder »(ge)denck ich« (74, 76, 84, 97, 101, 115, 123, 125, 135, 138, 157), im Sinne von Vorstellung, Imagination. Er preist seine Geliebte als wunderschön und tugendreich, sie sei allem Silber und Gold, Edelsteinen und Kräutern (oder Wurzeln) vorzuziehen. Er wolle ihr eigen sein. Es folgt eine ausführliche Schönheitsbeschreibung im Wesentlichen nach dem A capite ad calcem-Schema (97–137), genannt werden: Kopf, Kleider, Augenbrauen, Kinn, Haare, Wange, Mund (mit Verweis auf die im Traum gehörten süßen Worte), Zähne, Grübchen, Hals, Arme, Brüste, Hände, Finger, Hüfte (133: da der gürtel ligen sol), Beine und Füße. Der Sprecher denkt daran, wie unvergleichlich die Geliebte aus dem Kreis der Damen hervorsticht. Bei ihrem Anblick spürt er Freude und Leid gleichzeitig. Sein Herz klopft und drischt, als sei es völlig entfesselt. Er fürchtet, nie mehr einzuschlafen, und so auch nicht mehr in den Genuss der Erfüllung im Traum zu kommen (Reflexion auf das Träumen: Es schade ihrer Ehre nicht: ehrenhafte Minneerfüllung). Er wünscht sich eine freundliche Umarmung und eine Trostzusage, die seinen Kummer vertreiben könnten.
C Schluss (177–192):
Da er nicht mehr einschlafen kann, wünscht sich der Sprecher den Tag herbei. Er hofft, die Geliebte nun in Wirklichkeit zu treffen und dann im immerwährenden Wunschleben mit ihr das Ende allen Trauerns und der Anfeindung valscher klaffer (186) zu erreichen,
(Klingner, Jacob/Lieb, Ludger: Handbuch Minnereden, S. 57f.)