Susanna im Bade (Erzählstoff): Unterschied zwischen den Versionen

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Ungherne we daz saghen."
Ungherne we daz saghen."


==Daniel (1331-1335), V. ???-???==
==Daniel (1331-1335), Kapitel 13, V. 7409-7862<ref>Text nach Hübner, Arthur: Die poetische Bearbeitung des Buches Daniel aus der Stuttgarter Handschrift. Berlin 1911 ([https://archive.org/details/HuebnerDiePoetischeBearb/page/n7/mode/2up online]).</ref>==
 
Ez was in Babylone<br />
Ein man, an wirden schone,<br />
Genant was er Joachim.<br />
Zu wibe hie nam er im<br />
Susannam, Elchye vrucht;<br />
Schonen lib truc sie in zucht,<br />
Da bi die Gotis vorchte.<br />
Des vatirs lere worchte<br />
Und der muter die an ir,<br />
Ziende sie in herzen gir<br />
Nach der e Moysi.<br />
Gerecht waren sie alhi<br />
Beide an allen sachen.<br />
Richtum wart bedachen<br />
Joachym vil mechticlich.<br />
Na bi im stunt lobelich<br />
Gepropfet ein boumgarte.<br />
Zutz im quam manche parte<br />
Der Juden durch hubischeit.<br />
Wirde was er an geleit<br />
Vil me danne dekein man.<br />
In dem jare sach man han<br />
Gerichte zwene alden.<br />
Got sprach von irme walden<br />
Vormalis, als ez geschach:<br />
‘Uz Babylone gevach<br />
Ist gesprozzen die bosheit<br />
Von den eldesten, geleit<br />
Dem volke zu richteren.’<br />
Disse zwene geweren<br />
Quamen zu Joachyms hus,<br />
Recht gaben sie aldar us.<br />
Durch daz wurden sie gesucht<br />
Steteclichin und berucht<br />
Daz volc daz gerichtis pflac.<br />
Alle zit uf mitten tac,<br />
Swenne der lute scharen<br />
Heimwert gewandert waren,<br />
So gienc Susanna warten<br />
Hin in den boumgarten<br />
Ires wirtes uf wunnen.<br />
Die richter unversunnen<br />
Sahen sie tegelichen<br />
Dort in dem garten strichen.<br />
Da von quamen sie in lust,<br />
Vleischlicher liebe akust<br />
Trugen sie kein der reinen.<br />
Ir sinne wart sich leinen<br />
Niderwert und ir ougen<br />
Uf den ertbodim bougen<br />
Senende. durch disse dinc<br />
Miden sie des himels rinc<br />
Mit ougen sehen rechten,<br />
Uf daz sie icht gedechten<br />
An gerichtes rechtikeit.<br />
Der liebe swert sere sneit<br />
Alhie die alden beide,<br />
En brachte liebe leide.<br />
Itweder in dem herzen<br />
Leit bitterlichen smertzen.<br />
Dekein torste entwenen<br />
Dem andren hie sin senen<br />
Vor schemden sulches willen,<br />
Wand ieclicher in stillen<br />
Gedachte gantz volbringen<br />
Al sines herzen ringen<br />
Listlich an der vil guten.<br />
Sie was in iren huten<br />
Tegelich uf ein spehen<br />
Ob sie wurde gesehen<br />
Irgent heimelichen stan.<br />
Einer sprach den andern an:<br />
‘Gewir heim! ez ist nu zit<br />
Ezzens.’ secht, da gienc besit<br />
Ieclicher sich zu tucken:<br />
Gesamnet da in rucken<br />
Wurden sie an eine stat.<br />
Vrage zwischen en do trat<br />
Waz ie der man da schufe;<br />
Bekant ane gerufe<br />
Wart under en die sachen.<br />
Entzwischen sie do machen<br />
Begunden die einunge<br />
Swie disse vrowe junge<br />
Queme en zu bestricken.<br />
Sust wurden sie sich schicken<br />
Eigenlich zu den sunden,<br />
Daz sie sie eine vunden.<br />
Die wile daz sie warten<br />
Der reinen, suzen, zarten,<br />
Pruvende hie tegelich<br />
Um ein zit bequemelich,<br />
Do geschach daz sie gemeit<br />
Gienc nach irre gewonheit<br />
Dort in des gartin ouwen<br />
Eine mit zwen junevrouwen<br />
Gar ane valsche sinne,<br />
Uf daz sie sich dar inne<br />
Irwusche, wand ez was heiz<br />
Den somer. da von sich vleiz<br />
Badins daz vil reine wib<br />
Sulcher zit den iren lib<br />
Allez uber einen tac<br />
Odir wen der dritte lac.<br />
Heimelich stunt der sitte;<br />
Niemant was en da mitte<br />
Sundir die zwene alden<br />
Listlich vor en behalden,<br />
Schowende die vil reiden.<br />
Sie sprach zu iren meiden:<br />
‘Holet mir die salbe nu<br />
Und daz ol! ouch sliezet zu<br />
Des boumgarten tor gahe,<br />
Biz daz ich mich getwahe!’<br />
Idoch in dirre geschicht<br />
Weste sie der alden nicht<br />
Alda bi ir verholen.<br />
Do sie die dinc bevolen<br />
Hatte sust durch ir gemach,<br />
Diz geheiz vil gar geschach<br />
Rischlich von iren dirnen.<br />
Geslozzen wart mit virnen<br />
Daz tor mit sime rigle.<br />
Heimwert durch eine stigle<br />
Sprungen die meide gevach<br />
Bringen swaz ir vrowe sprach<br />
Da bevor, nach en zu hant<br />
Wurden die alden gewant<br />
Greslich an disse reine<br />
Sprechende: ‘wir sint eine<br />
Itzunt hie bi ein ander,<br />
Ouch des garten inwander<br />
Ist verrigelt vil harte:<br />
Unser mac nieman warte<br />
Genemen mit verdieben.<br />
Wir sint vleischlicher lieben<br />
Entprant in diner gere,<br />
Dar umme uns gewere<br />
Dines libes sundir haz!<br />
Wirdestu kein uns des laz.<br />
So wizze daz wir uf dich<br />
Zugen beide sulch begich<br />
Wie zu dir ein jungelinc<br />
Were uf unkusche dinc<br />
Kumen. da von hettes du<br />
Gelazen die junevrowen nu<br />
Von dir in dirre stunde.’<br />
Susanna die begunde<br />
Sufzen, da bi sus sprechen:<br />
‘Sorge itzunt mich brechen<br />
Hin unde her mit quele.<br />
Ich enweiz waz ich wele:<br />
Tu ich diz, daz ist min tot;<br />
Lazende wirt mir hie not<br />
Entsten von uwer gewalt.<br />
Bezzer ist daz ich gezalt<br />
Werde in menschlichen pranc<br />
Ane tat, wen daz ich cranc<br />
Stunde vor Gotis blicken<br />
Von disser sunde ricken<br />
Vol endene.’ dar nach vloz<br />
Uf hulfe ein stimme groz<br />
Hie uz Susannen munde,<br />
Glich ir mitte begunde<br />
Donen der alden bleken<br />
Kein ir. doch wart sich neken<br />
Der pforten die vil gute,<br />
Creftlich des rigels hute<br />
Brach sie an deme garten.<br />
Ir knechte liefen warten<br />
Uz der tur ires huses,<br />
Waz jemerliches suses<br />
Sich irhube en so na.<br />
Die alden begunden da<br />
Sagen smeheliche tat.<br />
Alzu hant sie al an trat<br />
Leide, durch die rede hie;<br />
Wand man da vor hatte nie<br />
Vernumen von Susannen<br />
Eins sulchen lastirs wannen<br />
Tragen in lobis wage.<br />
An deme andren tage,<br />
Do daz volc gesamnet was<br />
In ires wirtes palas,<br />
Joachims, do quamen gen<br />
Jene, die so hie versten<br />
Solden mit gerechtikeit.<br />
Vol was ir sinne bosheit,<br />
Wie sie Susannen echten<br />
Mit rede, unde brechten<br />
Den tot kein irme leben.<br />
 
7600 Dem volke wart gegeben Gebot von en sulcher wort: ‘Sendit zu Susannen dort, Helchye tochter benant, Husvtou Joachyms irkant,
 
7606 Daz sie kume vor uns her!’
 
Balde wurden dise mer Gebracht an daz reine wib.
 
Sie gestalte iren lib Vor die richtere eben.
 
7610 Ez waren ir beneben Vater, muter, ire kint,
 
Omen, mage, swaz der sint, Clagende in den stunden.
 
En mitte ouch die künden 7615 Sach man ir zere giezen,
 
Vil ougen wazzer liezen Um Susannen ungemach. Behullet in wimpils vach ' Waren der zarten blicke 7620 Durch daz, daz iemant stricke


== Anmerkungen ==
== Anmerkungen ==

Version vom 18. Mai 2025, 20:02 Uhr

Susanna im Bade

(Erzählstoff)

Regest Susanna, eine tugendhafte Frau, wird beim Baden von zwei alten Richtern heimlich beobachtet. Als sie ihre Annäherungen zurückweist, bezichtigen sie sie der Untreue. Daniel deckt ihre Lügen auf, rettet Susanna und bringt die falschen Ankläger zur gerechten Strafe.
Fassungen
Forschung
(s.a. unter Fassungen)
Jahn, Bruno: Susanna


Mittelfränkische Reimbibel (um 1100), HS B*, 4r-4v[1]

4r

rurten. <I>oachim
a ther stat. Ther
e. then nabucho-
nam er zewibe
en richen wole
livthen. von sco-
bo>um garten. si ha-
te. Inthem sie ofte
te plach. Tho wa-
e althe man ze
n iren muot be-
rowen ze huore
har umbe wur-
ten geburgen.
. wanne sie thie
n karten. Tho sie
n. zo ther uro-
h inthem sumer
ahte bathen.
a them bathe
s arges neuerwan-
z turlin ware be
mit ire began.
n begen. iz ne
. Newolde si iz
n thaz uber si
iun>gelinc mit ire
z them solche offen

4v

bare kunden. al
harte si iz under
unde sin grozen
Tuon ich thise dât.
ich mit ivh iz ni
nieht untflihen.
mich slahen. than
began. Vnde begu
si liehte sten. uz li
nieht neliezen th
besuohten uon the
waere sin zale u
frouwen mohten
vil harte er iz u
uolck wunder h
tan wunder sage
thie thaz gerihte
den. thaz iz also
ere. Vnde wolde
si scolde steinen.
th n. tho sie die ri
de vil inneclich u
ende taete. Unde
sint. uerholen un
thinc weist. er si
in erthen. Thu we
bin rein. ther mi
Nu scal ich unsculd

Vorauer Sündenklage (12. Jhd.), V. 685-704[2]

Swer sich ie zuo dir gevie,
den verlieze du nie;
daz ist offen und war.
daz bewartest du wol da
an der guoten Susannen.
diu was mit noten bevangen;
ir wart erteilet der tot,
unze din gnade do gebot
eime kindiscem manne,
daz er ir half danne
an allen ir scaden.
di si wolden vlorn han
mit luggeme urchunde,
uber di du vrumedest
die selben urteile,
di si ir ze leide
heten geraten;
wande siz mitalle taten
an aller ir sculde;
des vluren si dine hulde.

Susanna (um 1300)[3]

Se wolde sprechen und sprach -
Daz suffen or de wort vorbrach -:
"Owe! ich wolde, daz ich were tot!
Mich ruret allenthalben not,
Wor ich mich hen ghewende.
Och! hett ith den eyn ende!
Also ob ich daz eyne kore,
Den lip ich ane schult vorlore,
Daz andere mir vorstele,
Ere unde ouch de sele
Will ich uch ghetzvyden!
Der sele tot muste ich liden,
Will ich uch der rede weren,
So kan uch den lip vor u nicht erweren;
Alsus muz ich vorlesen,
Ich kese, was ich kese.
Aver doch will ich weger welen."
Se sprach: "Mir is bezzer herde vele,
Daz ich mich der scande scheme
Unde lide ane schult de veme,
Wen ich begunde sunden
Unde verlore god tzo vrunde.
Ich wil waghen uweren gramen
Unde wille kesen in godes namen.
Ich valle in uwere hande baz
Mit unschult wen in godes haz."
Susanna guf up unde screy.
Daz was den pafen als eyn ey;
Se begunden weder scryen,
Der vrowen eren viend,
Daz men daz in dem hus irhorte.
Tzo der hinderen porte
Er inghesinde tzo lep,
Do se horten den dep.
De pasen sprachen oberlut:
"Unser vrowe ist eyn vil bose hut!
Wy haven ere missetat ghesen.
Daz muz er an den lebent gen,
Also gy morne scholet vornemen."
Er inghesinde sich begunde schemen,
Wor me se von kinde hatte erkant,
Daz men se ane bosheyt vant.
Des morghens vro, do es tagete,
Also iz hute morghen havet,
Daz volk quam ghemeyne dar
Mit einer michelichen schar.
De pasen sprachen oberlut:
"Nu sende we na Joachimes brut.
We haben ere missetat ghesen,
Daz moz er an den lebent ghen!"
Susanna de quam up den sal
Mit eyner michelichen schar;
Ere maghe unde ere husen al
De quamen mit er in den sal;
Er vater, muter unde kint
Von weynende mochten werden blint.
Do weynten al ere vrunde
Unde alle, daz er hatte kunde,
Wanne man se von kinde hatte erkant,
Daz man se ane bosheyt vant.
Do legheten se ere hende -
Daz se de tubel schende! -
Up der vrowen houbet.
(Ich weyz, daz en daz volk gheloubet!)
Se sprachen: "Nu horet, gy heren iunch unde alt!
Von gote have we de walt.
We ne willen rechte richten,
So werde we tzo nichte!
Dem armen also dem richen,
Dem schuldeghen al gheliche,
Dem heren also dem knechte
We scholen richten rechte.
We gingen in den garten,
Up daz we uns bewarten
Vor der sunnen vure
Under der bome schure.
In eyner dicken hecken
Al in des garten ecken
Dusse vrowe wol ghecyret quam
Mit twen iuncvrowen lobesam.
De iuncvrowen dar se von er trep,
Alleyne se dar inne blep.
Do saghe we, dat eyn iungelinch
Dorther uz geneme winkele ginch.
Met der hant se ome wenkete,
Daz saghe we gar enkete;
Wie se mit eynander waren,
Ungherne we daz saghen."

Daniel (1331-1335), Kapitel 13, V. 7409-7862[4]

Ez was in Babylone
Ein man, an wirden schone,
Genant was er Joachim.
Zu wibe hie nam er im
Susannam, Elchye vrucht;
Schonen lib truc sie in zucht,
Da bi die Gotis vorchte.
Des vatirs lere worchte
Und der muter die an ir,
Ziende sie in herzen gir
Nach der e Moysi.
Gerecht waren sie alhi
Beide an allen sachen.
Richtum wart bedachen
Joachym vil mechticlich.
Na bi im stunt lobelich
Gepropfet ein boumgarte.
Zutz im quam manche parte
Der Juden durch hubischeit.
Wirde was er an geleit
Vil me danne dekein man.
In dem jare sach man han
Gerichte zwene alden.
Got sprach von irme walden
Vormalis, als ez geschach:
‘Uz Babylone gevach
Ist gesprozzen die bosheit
Von den eldesten, geleit
Dem volke zu richteren.’
Disse zwene geweren
Quamen zu Joachyms hus,
Recht gaben sie aldar us.
Durch daz wurden sie gesucht
Steteclichin und berucht
Daz volc daz gerichtis pflac.
Alle zit uf mitten tac,
Swenne der lute scharen
Heimwert gewandert waren,
So gienc Susanna warten
Hin in den boumgarten
Ires wirtes uf wunnen.
Die richter unversunnen
Sahen sie tegelichen
Dort in dem garten strichen.
Da von quamen sie in lust,
Vleischlicher liebe akust
Trugen sie kein der reinen.
Ir sinne wart sich leinen
Niderwert und ir ougen
Uf den ertbodim bougen
Senende. durch disse dinc
Miden sie des himels rinc
Mit ougen sehen rechten,
Uf daz sie icht gedechten
An gerichtes rechtikeit.
Der liebe swert sere sneit
Alhie die alden beide,
En brachte liebe leide.
Itweder in dem herzen
Leit bitterlichen smertzen.
Dekein torste entwenen
Dem andren hie sin senen
Vor schemden sulches willen,
Wand ieclicher in stillen
Gedachte gantz volbringen
Al sines herzen ringen
Listlich an der vil guten.
Sie was in iren huten
Tegelich uf ein spehen
Ob sie wurde gesehen
Irgent heimelichen stan.
Einer sprach den andern an:
‘Gewir heim! ez ist nu zit
Ezzens.’ secht, da gienc besit
Ieclicher sich zu tucken:
Gesamnet da in rucken
Wurden sie an eine stat.
Vrage zwischen en do trat
Waz ie der man da schufe;
Bekant ane gerufe
Wart under en die sachen.
Entzwischen sie do machen
Begunden die einunge
Swie disse vrowe junge
Queme en zu bestricken.
Sust wurden sie sich schicken
Eigenlich zu den sunden,
Daz sie sie eine vunden.
Die wile daz sie warten
Der reinen, suzen, zarten,
Pruvende hie tegelich
Um ein zit bequemelich,
Do geschach daz sie gemeit
Gienc nach irre gewonheit
Dort in des gartin ouwen
Eine mit zwen junevrouwen
Gar ane valsche sinne,
Uf daz sie sich dar inne
Irwusche, wand ez was heiz
Den somer. da von sich vleiz
Badins daz vil reine wib
Sulcher zit den iren lib
Allez uber einen tac
Odir wen der dritte lac.
Heimelich stunt der sitte;
Niemant was en da mitte
Sundir die zwene alden
Listlich vor en behalden,
Schowende die vil reiden.
Sie sprach zu iren meiden:
‘Holet mir die salbe nu
Und daz ol! ouch sliezet zu
Des boumgarten tor gahe,
Biz daz ich mich getwahe!’
Idoch in dirre geschicht
Weste sie der alden nicht
Alda bi ir verholen.
Do sie die dinc bevolen
Hatte sust durch ir gemach,
Diz geheiz vil gar geschach
Rischlich von iren dirnen.
Geslozzen wart mit virnen
Daz tor mit sime rigle.
Heimwert durch eine stigle
Sprungen die meide gevach
Bringen swaz ir vrowe sprach
Da bevor, nach en zu hant
Wurden die alden gewant
Greslich an disse reine
Sprechende: ‘wir sint eine
Itzunt hie bi ein ander,
Ouch des garten inwander
Ist verrigelt vil harte:
Unser mac nieman warte
Genemen mit verdieben.
Wir sint vleischlicher lieben
Entprant in diner gere,
Dar umme uns gewere
Dines libes sundir haz!
Wirdestu kein uns des laz.
So wizze daz wir uf dich
Zugen beide sulch begich
Wie zu dir ein jungelinc
Were uf unkusche dinc
Kumen. da von hettes du
Gelazen die junevrowen nu
Von dir in dirre stunde.’
Susanna die begunde
Sufzen, da bi sus sprechen:
‘Sorge itzunt mich brechen
Hin unde her mit quele.
Ich enweiz waz ich wele:
Tu ich diz, daz ist min tot;
Lazende wirt mir hie not
Entsten von uwer gewalt.
Bezzer ist daz ich gezalt
Werde in menschlichen pranc
Ane tat, wen daz ich cranc
Stunde vor Gotis blicken
Von disser sunde ricken
Vol endene.’ dar nach vloz
Uf hulfe ein stimme groz
Hie uz Susannen munde,
Glich ir mitte begunde
Donen der alden bleken
Kein ir. doch wart sich neken
Der pforten die vil gute,
Creftlich des rigels hute
Brach sie an deme garten.
Ir knechte liefen warten
Uz der tur ires huses,
Waz jemerliches suses
Sich irhube en so na.
Die alden begunden da
Sagen smeheliche tat.
Alzu hant sie al an trat
Leide, durch die rede hie;
Wand man da vor hatte nie
Vernumen von Susannen
Eins sulchen lastirs wannen
Tragen in lobis wage.
An deme andren tage,
Do daz volc gesamnet was
In ires wirtes palas,
Joachims, do quamen gen
Jene, die so hie versten
Solden mit gerechtikeit.
Vol was ir sinne bosheit,
Wie sie Susannen echten
Mit rede, unde brechten
Den tot kein irme leben.

7600 Dem volke wart gegeben Gebot von en sulcher wort: ‘Sendit zu Susannen dort, Helchye tochter benant, Husvtou Joachyms irkant,

7606 Daz sie kume vor uns her!’

Balde wurden dise mer Gebracht an daz reine wib.

Sie gestalte iren lib Vor die richtere eben.

7610 Ez waren ir beneben Vater, muter, ire kint,

Omen, mage, swaz der sint, Clagende in den stunden.

En mitte ouch die künden 7615 Sach man ir zere giezen,

Vil ougen wazzer liezen Um Susannen ungemach. Behullet in wimpils vach ' Waren der zarten blicke 7620 Durch daz, daz iemant stricke

Anmerkungen

  1. Fragment Hall (Tirol), Franziskanerkloster, ohne Signatur [verschollen], zitiert nach Maurer, Friedrich (Hg.): Die religiösen Dichtungen des 11. und 12. Jahrhunderts, S. 166.
  2. Text nach Schröder, Werner/Waag, Albert (Hg.): Kleinere deutsche Gedichte des 11. und 12. Jahrhunderts, S. 217.
  3. Text nach Stammler, Wolfgang: Mittelniederdeutsches Lesebuch, S. 73.
  4. Text nach Hübner, Arthur: Die poetische Bearbeitung des Buches Daniel aus der Stuttgarter Handschrift. Berlin 1911 (online).