Susanna im Bade (Erzählstoff): Unterschied zwischen den Versionen
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Mit rede, unde brechten<br /> | Mit rede, unde brechten<br /> | ||
Den tot kein irme leben.<br /> | Den tot kein irme leben.<br /> | ||
Dem volke wart gegeben<br /> | |||
Gebot von en sulcher wort:<br /> | |||
‘Sendit zu Susannen dort,<br /> | |||
Helchye tochter benant,<br /> | |||
Husvrou Joachyms irkant,<br /> | |||
Balde wurden dise mer Gebracht an daz reine wib. | Daz sie kume vor uns her!’<br /> | ||
Balde wurden dise mer<br /> | |||
Sie gestalte iren lib Vor die richtere eben. | Gebracht an daz reine wib.<br /> | ||
Sie gestalte iren lib<br /> | |||
Vor die richtere eben.<br /> | |||
Ez waren ir beneben<br /> | |||
Omen, mage, swaz der sint, Clagende in den stunden. | Vater, muter, ire kint,<br /> | ||
Omen, mage, swaz der sint,<br /> | |||
En mitte ouch die | Clagende in den stunden.<br /> | ||
En mitte ouch die kunden<br /> | |||
Vil ougen wazzer liezen Um Susannen ungemach. Behullet in wimpils vach | Sach man ir zere giezen,<br /> | ||
Vil ougen wazzer liezen<br /> | |||
Um Susannen ungemach.<br /> | |||
Behullet in wimpils vach<br /> | |||
Waren der zarten blicke<br /> | |||
Durch daz, daz iemant stricke<br /> | |||
Gewunne von irme bren.<br /> | |||
Nietlich was sie an zu sen,<br /> | |||
Schone in rechter varwe.<br /> | |||
Man horte ir zu harwe<br /> | |||
Sprechen die valschen alden:<br /> | |||
‘Nemet des sloyers valden<br /> | |||
Hin wec! lat sie bloz bestan!'<br /> | |||
Sufzen, weinen hub sich an,<br /> | |||
Starc vloz der trene vlute.<br /> | |||
Doch was ir daz gemute<br /> | |||
Geringet in Gotis trost,<br /> | |||
Als sie wurde noch irlost.<br /> | |||
Bi der wile stunden uf<br /> | |||
Die zwene richter in guf<br /> | |||
Undir des Volkes scharen<br /> | |||
Und leiten zu volvaren<br /> | |||
Ir beider hende schirbel<br /> | |||
Hin uf Susannen wirbel<br /> | |||
Sprechende bede alsust:<br /> | |||
‘Wir giengen eine durch lust<br /> | |||
In disses garten owen.<br /> | |||
Do quam mit zwen junevrowen<br /> | |||
Diese vrowe ouch dar in.<br /> | |||
Von en wart daz pfortelin<br /> | |||
Geslozzen. in den ziten<br /> | |||
Sie sante von ir siten<br /> | |||
Beide meide. dar nach quam<br /> | |||
Zutz ir ein junc mannisnam,<br /> | |||
Des wir vor e nicht ensan.<br /> | |||
Libes lust wurden sie han<br /> | |||
Unkuschlich mit einandir.<br /> | |||
Unsere gesichtes wandir<br /> | |||
Mercte vil wol die bosheit<br /> | |||
Uz der lagen en geleit<br /> | |||
Dort in des garten winkel.<br /> | |||
Streckende unser schinkel<br /> | |||
Begunde wir uns rischen<br /> | |||
En kegen uf irwischen<br /> | |||
Mit ein andir an der tat.<br /> | |||
Der jungelinc sinen pfat<br /> | |||
Schicte uns zu entpflihen,<br /> | |||
Er wart sich sere zihen<br /> | |||
So hin zu des garten tur;<br /> | |||
Drate wischte er hin vur,<br /> | |||
Wand er unser sterker was.<br /> | |||
Loufens wurde wir vil las,<br /> | |||
Da von mochte wir sin nicht<br /> | |||
Begrifen. nach der geschieht<br /> | |||
Vienge wir diz vrowelin<br /> | |||
Manende daz sie uns schin<br /> | |||
Machte wer der junge man<br /> | |||
Were, der uns da entran.<br /> | |||
Nicht wolde sie en melden.<br /> | |||
Der dinge die hie zelden,<br /> | |||
Si wir gezuge vorwar.’<br /> | |||
Daz volc en geloubte gar<br /> | |||
Dirre geschichte wisen;<br /> | |||
Wen sie waren ir grisen,<br /> | |||
Pfleger gerichtes da bi.<br /> | |||
Ein urteil lief von en vri<br /> | |||
Uber Susannen leben.<br /> | |||
Rufen wart sie en eben<br /> | |||
Grozer stimme in der not:<br /> | |||
‘O herre, ewiger Got,<br /> | |||
Dem da nicht verborgen ist,<br /> | |||
Bekennende du hie bist<br /> | |||
Eygenlichen alle dinc<br /> | |||
E dan en wirt ursprinc<br /> | |||
Gegeben, mit entzaben:<br /> | |||
Du weizt wol daz sie haben<br /> | |||
Gezuget kein mir velschlich.<br /> | |||
Lieber herre, da von sich<br /> | |||
Wie min lib nu wirt irmort,<br /> | |||
Wen ich nie der dinge dort<br /> | |||
Begienc, die sie han geseit<br /> | |||
Uf mich und uz geleit<br /> | |||
Boslich in irme grimme.’<br /> | |||
Got horte disse stimme<br /> | |||
Vruntlich, wand sie en rurte.<br /> | |||
Als man Susannen vurte<br /> | |||
Zu toeten, an dem wege<br /> | |||
Irquicte Gotis pflege<br /> | |||
Eines jungen kindes geist,<br /> | |||
Danyel was im geleist<br /> | |||
Sin name en zu nennen.<br /> | |||
An im wart man irkennen<br /> | |||
Luten ruf mit den worten:<br /> | |||
‘Ich bin an allen orten<br /> | |||
Unschuldic ires blutes.’<br /> | |||
Daz volc vil gahes mutes<br /> | |||
Trat hin zu dem kinde na:<br /> | |||
‘Sage uns’, sprachen sie da,<br /> | |||
‘Waz rede hastu getan?’<br /> | |||
Ez stunt mitten und began<br /> | |||
Antworten ane helen:<br /> | |||
‘So tummen Israhelen!<br /> | |||
Richtet hie sundir sinne,<br /> | |||
Nicht merkende da binne<br /> | |||
Ob die rede in warheit<br /> | |||
Beste die da wirt gebreit,<br /> | |||
Clagende war benumet.<br /> | |||
Sust habit ir vertumet<br /> | |||
Urteilende die tochter<br /> | |||
Israhelischer lochter<br /> | |||
An hengende in slichte.<br /> | |||
Get wider zu gerichte!<br /> | |||
Valschen gezuc haben sie<br /> | |||
Getan uf die vrowe hie<br /> | |||
Swechende ire wirde.’<br /> | |||
Allez volc in begirde<br /> | |||
Karte wider alzuhant.<br /> | |||
Kosen man die alden vant<br /> | |||
Keyn Danyelis wisheit:<br /> | |||
‘Kum mitte! sitze gemeit<br /> | |||
Zwischen uns unde gib recht!<br /> | |||
Dir hat Got verligen slecht<br /> | |||
Alhie des alderes ere.’<br /> | |||
Daz kint sprach ane lere:<br /> | |||
‘Teilet sie an zwo siten,<br /> | |||
Nicht nahe, sundir witen!<br /> | |||
Secht, so mae man under in<br /> | |||
Vinden, des ich richter bin,<br /> | |||
Horende eine stunden;<br /> | |||
So wirt die warheit vunden.’<br /> | |||
Nach dirre zweier scheiden<br /> | |||
Wart Danyel der leiden<br /> | |||
Einen rufen unde sprach:<br /> | |||
‘Snodis aldir, da bi swach<br /> | |||
Des lebens, diner tage,<br /> | |||
Hie ist der sunden vlage<br /> | |||
Kumen, die du hast da vor<br /> | |||
Getan, in gewaldis spor,<br /> | |||
Richtende unzimelich.<br /> | |||
Verdrucket ist hie durch dich<br /> | |||
Der reine zu aller zit,<br /> | |||
Loufen lisest du besit<br /> | |||
Den bosen mit gebrechte,<br /> | |||
Swie Got doch sprach vil slechte:<br /> | |||
“Nicht toete den gerechten!<br /> | |||
Die guten las nicht schechten<br /> | |||
Keiner wis!” nu sage an:<br /> | |||
Under welches boumes plan<br /> | |||
Sprachen sie en entzwischen?’<br /> | |||
Er sprach: ‘ich sach sie mischen<br /> | |||
Rede bi der criechen boum.<br /> | |||
Niden uf der erden soum<br /> | |||
Wart ir gelubde vol ant.’<br /> | |||
Do sprach Danyel zuhant:<br /> | |||
‘Unwar hastu nu gesait<br /> | |||
In din houbt. da von dich jait<br /> | |||
Gotis engel, wand der hat<br /> | |||
Genumen von im den rat,<br /> | |||
Urteilende din leben.<br /> | |||
Dich wil er howen eben<br /> | |||
Von ein ander.’ wec gienc der.<br /> | |||
Man rufte do jeme her.<br /> | |||
Zu deme sprach der junge:<br /> | |||
‘O Chanaanis zunge<br /> | |||
Geborn, und nicht von Juda!<br /> | |||
Fine schone hat dich da<br /> | |||
Betrogen, ouch die gere<br /> | |||
Verkarte vil gewere<br /> | |||
Din herze mit dem willen.<br /> | |||
Sust tatet ir in stillen<br /> | |||
Gewalt den tochtern vorwar<br /> | |||
Uz der Israhelen schar.<br /> | |||
Swen die horten uwer wort,<br /> | |||
Vor vorchten wart ez gehort<br /> | |||
Bejehende uch da mitte.<br /> | |||
Dirre suntliche sitte<br /> | |||
Was Jude tochter wider,<br /> | |||
Sie enwolde nicht nider<br /> | |||
Legen die Gotis vorchte.<br /> | |||
Da von sie nicht enhorchte<br /> | |||
Uwer mutenden bosheit.<br /> | |||
Nu bekenne in warheit:<br /> | |||
Wie hiez der boum da dir wart<br /> | |||
Schinber dirre zweier vart<br /> | |||
Kosende durch snode lust?’<br /> | |||
Hin wider sprach er alsust:<br /> | |||
‘Ein sle dorn schuf en gemach.’<br /> | |||
Danyel do abir sprach:<br /> | |||
‘Disse rede, die nu louft,<br /> | |||
Ist ouch unwar in din houft<br /> | |||
Kumen uz dinem munde.<br /> | |||
Hie stet in dirre stunde<br /> | |||
Kein dir Gotis engel clar<br /> | |||
Habende ein swert vil bar,<br /> | |||
Uf daz er dich sla entzwei<br /> | |||
Uch toetende, zuhant schrei<br /> | |||
Allez volc, in stimme groz,<br /> | |||
Lobende den Got der loz<br /> | |||
Machet die im getruwen.<br /> | |||
Glich wurden sie sich gruwen<br /> | |||
Jenen zwehen richteren,<br /> | |||
Rechtes kein en begeren.<br /> | |||
Wand Danyel sie vunden<br /> | |||
Hatte, ouch uberwunden<br /> | |||
Uz irem munde geseit<br /> | |||
Valschen gezuc und geleit<br /> | |||
An irem eben cristen.<br /> | |||
Man tet en sunder vristen<br /> | |||
Als sie hatten hie getan<br /> | |||
Boslich. des muste irgan<br /> | |||
Uber sie ein gerichte,<br /> | |||
Als ez die ehe tichte<br /> | |||
Moysi, der sie gebot.<br /> | |||
Bede liden sie den tot<br /> | |||
Mit bitterlicher vlage.<br /> | |||
Irlost wart an dem tage<br /> | |||
Unschuldic blut, ouch ein lib.<br /> | |||
Helchyas unde sin wib<br /> | |||
Sprachen Gote ir gebet,<br /> | |||
Umme daz er hulfe tet<br /> | |||
Susannen, irme kinde.<br /> | |||
Joachym, ir wirt linde,<br /> | |||
En mitte dancte sere.<br /> | |||
Wunne, pris, lob und ere<br /> | |||
Saiten im ouch ir vrunde,<br /> | |||
Daz sie der bosen sunde<br /> | |||
Mut noch willen nie gewan.<br /> | |||
Danyeien wart man han<br /> | |||
Grozer wirde vurbaz me.<br /> | |||
Bi der zit viel ouch in we<br /> | |||
Asttages der kunic,<br /> | |||
Sterbende nam er hie nie<br /> | |||
Menschlich an sime leben.<br /> | |||
Begraben wart er eben<br /> | |||
Zu einen vetren alda.<br /> | |||
Cyrus der entpfienc darna<br /> | |||
Gewaldeclich die crone,<br /> | |||
Persen lant im ouch schone<br /> | |||
Was undertan uber al.<br /> | |||
Zu im in des riches sal<br /> | |||
Nam er mit uzirwelen<br /> | |||
Den wisen Danyelen<br /> | |||
Durch die vorbesichtikeit.<br /> | |||
Im wart da von hie bereit<br /> | |||
Ere mancherhande wis,<br /> | |||
Vor des kunges vrunt er pris<br /> | |||
Behielt in des riches hus.<br /> | |||
Diz capitel ist nu us. | |||
== Anmerkungen == | == Anmerkungen == |
Aktuelle Version vom 18. Mai 2025, 21:08 Uhr
Susanna im Bade (Erzählstoff) | |
---|---|
Regest | Susanna, eine tugendhafte Frau, wird beim Baden von zwei alten Richtern heimlich beobachtet. Als sie ihre Annäherungen zurückweist, bezichtigen sie sie der Untreue. Daniel deckt ihre Lügen auf, rettet Susanna und bringt die falschen Ankläger zur gerechten Strafe. |
Fassungen | |
Forschung (s.a. unter Fassungen) |
Jahn, Bruno: Susanna |
Mittelfränkische Reimbibel (um 1100), HS B*, 4r-4v[1]
4r
rurten. <I>oachim
a ther stat. Ther
e. then nabucho-
nam er zewibe
en richen wole
livthen. von sco-
bo>um garten. si ha-
te. Inthem sie ofte
te plach. Tho wa-
e althe man ze
n iren muot be-
rowen ze huore
har umbe wur-
ten geburgen.
. wanne sie thie
n karten. Tho sie
n. zo ther uro-
h inthem sumer
ahte bathen.
a them bathe
s arges neuerwan-
z turlin ware be
mit ire began.
n begen. iz ne
. Newolde si iz
n thaz uber si
iun>gelinc mit ire
z them solche offen
4v
bare kunden. al
harte si iz under
unde sin grozen
Tuon ich thise dât.
ich mit ivh iz ni
nieht untflihen.
mich slahen. than
began. Vnde begu
si liehte sten. uz li
nieht neliezen th
besuohten uon the
waere sin zale u
frouwen mohten
vil harte er iz u
uolck wunder h
tan wunder sage
thie thaz gerihte
den. thaz iz also
ere. Vnde wolde
si scolde steinen.
th n. tho sie die ri
de vil inneclich u
ende taete. Unde
sint. uerholen un
thinc weist. er si
in erthen. Thu we
bin rein. ther mi
Nu scal ich unsculd
Vorauer Sündenklage (12. Jhd.), V. 685-704[2]
Swer sich ie zuo dir gevie,
den verlieze du nie;
daz ist offen und war.
daz bewartest du wol da
an der guoten Susannen.
diu was mit noten bevangen;
ir wart erteilet der tot,
unze din gnade do gebot
eime kindiscem manne,
daz er ir half danne
an allen ir scaden.
di si wolden vlorn han
mit luggeme urchunde,
uber di du vrumedest
die selben urteile,
di si ir ze leide
heten geraten;
wande siz mitalle taten
an aller ir sculde;
des vluren si dine hulde.
Susanna (um 1300)[3]
Se wolde sprechen und sprach -
Daz suffen or de wort vorbrach -:
"Owe! ich wolde, daz ich were tot!
Mich ruret allenthalben not,
Wor ich mich hen ghewende.
Och! hett ith den eyn ende!
Also ob ich daz eyne kore,
Den lip ich ane schult vorlore,
Daz andere mir vorstele,
Ere unde ouch de sele
Will ich uch ghetzvyden!
Der sele tot muste ich liden,
Will ich uch der rede weren,
So kan uch den lip vor u nicht erweren;
Alsus muz ich vorlesen,
Ich kese, was ich kese.
Aver doch will ich weger welen."
Se sprach: "Mir is bezzer herde vele,
Daz ich mich der scande scheme
Unde lide ane schult de veme,
Wen ich begunde sunden
Unde verlore god tzo vrunde.
Ich wil waghen uweren gramen
Unde wille kesen in godes namen.
Ich valle in uwere hande baz
Mit unschult wen in godes haz."
Susanna guf up unde screy.
Daz was den pafen als eyn ey;
Se begunden weder scryen,
Der vrowen eren viend,
Daz men daz in dem hus irhorte.
Tzo der hinderen porte
Er inghesinde tzo lep,
Do se horten den dep.
De pasen sprachen oberlut:
"Unser vrowe ist eyn vil bose hut!
Wy haven ere missetat ghesen.
Daz muz er an den lebent gen,
Also gy morne scholet vornemen."
Er inghesinde sich begunde schemen,
Wor me se von kinde hatte erkant,
Daz men se ane bosheyt vant.
Des morghens vro, do es tagete,
Also iz hute morghen havet,
Daz volk quam ghemeyne dar
Mit einer michelichen schar.
De pasen sprachen oberlut:
"Nu sende we na Joachimes brut.
We haben ere missetat ghesen,
Daz moz er an den lebent ghen!"
Susanna de quam up den sal
Mit eyner michelichen schar;
Ere maghe unde ere husen al
De quamen mit er in den sal;
Er vater, muter unde kint
Von weynende mochten werden blint.
Do weynten al ere vrunde
Unde alle, daz er hatte kunde,
Wanne man se von kinde hatte erkant,
Daz man se ane bosheyt vant.
Do legheten se ere hende -
Daz se de tubel schende! -
Up der vrowen houbet.
(Ich weyz, daz en daz volk gheloubet!)
Se sprachen: "Nu horet, gy heren iunch unde alt!
Von gote have we de walt.
We ne willen rechte richten,
So werde we tzo nichte!
Dem armen also dem richen,
Dem schuldeghen al gheliche,
Dem heren also dem knechte
We scholen richten rechte.
We gingen in den garten,
Up daz we uns bewarten
Vor der sunnen vure
Under der bome schure.
In eyner dicken hecken
Al in des garten ecken
Dusse vrowe wol ghecyret quam
Mit twen iuncvrowen lobesam.
De iuncvrowen dar se von er trep,
Alleyne se dar inne blep.
Do saghe we, dat eyn iungelinch
Dorther uz geneme winkele ginch.
Met der hant se ome wenkete,
Daz saghe we gar enkete;
Wie se mit eynander waren,
Ungherne we daz saghen."
Daniel (1331-1335), Kapitel 13, V. 7409-7862[4]
Ez was in Babylone
Ein man, an wirden schone,
Genant was er Joachim.
Zu wibe hie nam er im
Susannam, Elchye vrucht;
Schonen lib truc sie in zucht,
Da bi die Gotis vorchte.
Des vatirs lere worchte
Und der muter die an ir,
Ziende sie in herzen gir
Nach der e Moysi.
Gerecht waren sie alhi
Beide an allen sachen.
Richtum wart bedachen
Joachym vil mechticlich.
Na bi im stunt lobelich
Gepropfet ein boumgarte.
Zutz im quam manche parte
Der Juden durch hubischeit.
Wirde was er an geleit
Vil me danne dekein man.
In dem jare sach man han
Gerichte zwene alden.
Got sprach von irme walden
Vormalis, als ez geschach:
‘Uz Babylone gevach
Ist gesprozzen die bosheit
Von den eldesten, geleit
Dem volke zu richteren.’
Disse zwene geweren
Quamen zu Joachyms hus,
Recht gaben sie aldar us.
Durch daz wurden sie gesucht
Steteclichin und berucht
Daz volc daz gerichtis pflac.
Alle zit uf mitten tac,
Swenne der lute scharen
Heimwert gewandert waren,
So gienc Susanna warten
Hin in den boumgarten
Ires wirtes uf wunnen.
Die richter unversunnen
Sahen sie tegelichen
Dort in dem garten strichen.
Da von quamen sie in lust,
Vleischlicher liebe akust
Trugen sie kein der reinen.
Ir sinne wart sich leinen
Niderwert und ir ougen
Uf den ertbodim bougen
Senende. durch disse dinc
Miden sie des himels rinc
Mit ougen sehen rechten,
Uf daz sie icht gedechten
An gerichtes rechtikeit.
Der liebe swert sere sneit
Alhie die alden beide,
En brachte liebe leide.
Itweder in dem herzen
Leit bitterlichen smertzen.
Dekein torste entwenen
Dem andren hie sin senen
Vor schemden sulches willen,
Wand ieclicher in stillen
Gedachte gantz volbringen
Al sines herzen ringen
Listlich an der vil guten.
Sie was in iren huten
Tegelich uf ein spehen
Ob sie wurde gesehen
Irgent heimelichen stan.
Einer sprach den andern an:
‘Gewir heim! ez ist nu zit
Ezzens.’ secht, da gienc besit
Ieclicher sich zu tucken:
Gesamnet da in rucken
Wurden sie an eine stat.
Vrage zwischen en do trat
Waz ie der man da schufe;
Bekant ane gerufe
Wart under en die sachen.
Entzwischen sie do machen
Begunden die einunge
Swie disse vrowe junge
Queme en zu bestricken.
Sust wurden sie sich schicken
Eigenlich zu den sunden,
Daz sie sie eine vunden.
Die wile daz sie warten
Der reinen, suzen, zarten,
Pruvende hie tegelich
Um ein zit bequemelich,
Do geschach daz sie gemeit
Gienc nach irre gewonheit
Dort in des gartin ouwen
Eine mit zwen junevrouwen
Gar ane valsche sinne,
Uf daz sie sich dar inne
Irwusche, wand ez was heiz
Den somer. da von sich vleiz
Badins daz vil reine wib
Sulcher zit den iren lib
Allez uber einen tac
Odir wen der dritte lac.
Heimelich stunt der sitte;
Niemant was en da mitte
Sundir die zwene alden
Listlich vor en behalden,
Schowende die vil reiden.
Sie sprach zu iren meiden:
‘Holet mir die salbe nu
Und daz ol! ouch sliezet zu
Des boumgarten tor gahe,
Biz daz ich mich getwahe!’
Idoch in dirre geschicht
Weste sie der alden nicht
Alda bi ir verholen.
Do sie die dinc bevolen
Hatte sust durch ir gemach,
Diz geheiz vil gar geschach
Rischlich von iren dirnen.
Geslozzen wart mit virnen
Daz tor mit sime rigle.
Heimwert durch eine stigle
Sprungen die meide gevach
Bringen swaz ir vrowe sprach
Da bevor, nach en zu hant
Wurden die alden gewant
Greslich an disse reine
Sprechende: ‘wir sint eine
Itzunt hie bi ein ander,
Ouch des garten inwander
Ist verrigelt vil harte:
Unser mac nieman warte
Genemen mit verdieben.
Wir sint vleischlicher lieben
Entprant in diner gere,
Dar umme uns gewere
Dines libes sundir haz!
Wirdestu kein uns des laz.
So wizze daz wir uf dich
Zugen beide sulch begich
Wie zu dir ein jungelinc
Were uf unkusche dinc
Kumen. da von hettes du
Gelazen die junevrowen nu
Von dir in dirre stunde.’
Susanna die begunde
Sufzen, da bi sus sprechen:
‘Sorge itzunt mich brechen
Hin unde her mit quele.
Ich enweiz waz ich wele:
Tu ich diz, daz ist min tot;
Lazende wirt mir hie not
Entsten von uwer gewalt.
Bezzer ist daz ich gezalt
Werde in menschlichen pranc
Ane tat, wen daz ich cranc
Stunde vor Gotis blicken
Von disser sunde ricken
Vol endene.’ dar nach vloz
Uf hulfe ein stimme groz
Hie uz Susannen munde,
Glich ir mitte begunde
Donen der alden bleken
Kein ir. doch wart sich neken
Der pforten die vil gute,
Creftlich des rigels hute
Brach sie an deme garten.
Ir knechte liefen warten
Uz der tur ires huses,
Waz jemerliches suses
Sich irhube en so na.
Die alden begunden da
Sagen smeheliche tat.
Alzu hant sie al an trat
Leide, durch die rede hie;
Wand man da vor hatte nie
Vernumen von Susannen
Eins sulchen lastirs wannen
Tragen in lobis wage.
An deme andren tage,
Do daz volc gesamnet was
In ires wirtes palas,
Joachims, do quamen gen
Jene, die so hie versten
Solden mit gerechtikeit.
Vol was ir sinne bosheit,
Wie sie Susannen echten
Mit rede, unde brechten
Den tot kein irme leben.
Dem volke wart gegeben
Gebot von en sulcher wort:
‘Sendit zu Susannen dort,
Helchye tochter benant,
Husvrou Joachyms irkant,
Daz sie kume vor uns her!’
Balde wurden dise mer
Gebracht an daz reine wib.
Sie gestalte iren lib
Vor die richtere eben.
Ez waren ir beneben
Vater, muter, ire kint,
Omen, mage, swaz der sint,
Clagende in den stunden.
En mitte ouch die kunden
Sach man ir zere giezen,
Vil ougen wazzer liezen
Um Susannen ungemach.
Behullet in wimpils vach
Waren der zarten blicke
Durch daz, daz iemant stricke
Gewunne von irme bren.
Nietlich was sie an zu sen,
Schone in rechter varwe.
Man horte ir zu harwe
Sprechen die valschen alden:
‘Nemet des sloyers valden
Hin wec! lat sie bloz bestan!'
Sufzen, weinen hub sich an,
Starc vloz der trene vlute.
Doch was ir daz gemute
Geringet in Gotis trost,
Als sie wurde noch irlost.
Bi der wile stunden uf
Die zwene richter in guf
Undir des Volkes scharen
Und leiten zu volvaren
Ir beider hende schirbel
Hin uf Susannen wirbel
Sprechende bede alsust:
‘Wir giengen eine durch lust
In disses garten owen.
Do quam mit zwen junevrowen
Diese vrowe ouch dar in.
Von en wart daz pfortelin
Geslozzen. in den ziten
Sie sante von ir siten
Beide meide. dar nach quam
Zutz ir ein junc mannisnam,
Des wir vor e nicht ensan.
Libes lust wurden sie han
Unkuschlich mit einandir.
Unsere gesichtes wandir
Mercte vil wol die bosheit
Uz der lagen en geleit
Dort in des garten winkel.
Streckende unser schinkel
Begunde wir uns rischen
En kegen uf irwischen
Mit ein andir an der tat.
Der jungelinc sinen pfat
Schicte uns zu entpflihen,
Er wart sich sere zihen
So hin zu des garten tur;
Drate wischte er hin vur,
Wand er unser sterker was.
Loufens wurde wir vil las,
Da von mochte wir sin nicht
Begrifen. nach der geschieht
Vienge wir diz vrowelin
Manende daz sie uns schin
Machte wer der junge man
Were, der uns da entran.
Nicht wolde sie en melden.
Der dinge die hie zelden,
Si wir gezuge vorwar.’
Daz volc en geloubte gar
Dirre geschichte wisen;
Wen sie waren ir grisen,
Pfleger gerichtes da bi.
Ein urteil lief von en vri
Uber Susannen leben.
Rufen wart sie en eben
Grozer stimme in der not:
‘O herre, ewiger Got,
Dem da nicht verborgen ist,
Bekennende du hie bist
Eygenlichen alle dinc
E dan en wirt ursprinc
Gegeben, mit entzaben:
Du weizt wol daz sie haben
Gezuget kein mir velschlich.
Lieber herre, da von sich
Wie min lib nu wirt irmort,
Wen ich nie der dinge dort
Begienc, die sie han geseit
Uf mich und uz geleit
Boslich in irme grimme.’
Got horte disse stimme
Vruntlich, wand sie en rurte.
Als man Susannen vurte
Zu toeten, an dem wege
Irquicte Gotis pflege
Eines jungen kindes geist,
Danyel was im geleist
Sin name en zu nennen.
An im wart man irkennen
Luten ruf mit den worten:
‘Ich bin an allen orten
Unschuldic ires blutes.’
Daz volc vil gahes mutes
Trat hin zu dem kinde na:
‘Sage uns’, sprachen sie da,
‘Waz rede hastu getan?’
Ez stunt mitten und began
Antworten ane helen:
‘So tummen Israhelen!
Richtet hie sundir sinne,
Nicht merkende da binne
Ob die rede in warheit
Beste die da wirt gebreit,
Clagende war benumet.
Sust habit ir vertumet
Urteilende die tochter
Israhelischer lochter
An hengende in slichte.
Get wider zu gerichte!
Valschen gezuc haben sie
Getan uf die vrowe hie
Swechende ire wirde.’
Allez volc in begirde
Karte wider alzuhant.
Kosen man die alden vant
Keyn Danyelis wisheit:
‘Kum mitte! sitze gemeit
Zwischen uns unde gib recht!
Dir hat Got verligen slecht
Alhie des alderes ere.’
Daz kint sprach ane lere:
‘Teilet sie an zwo siten,
Nicht nahe, sundir witen!
Secht, so mae man under in
Vinden, des ich richter bin,
Horende eine stunden;
So wirt die warheit vunden.’
Nach dirre zweier scheiden
Wart Danyel der leiden
Einen rufen unde sprach:
‘Snodis aldir, da bi swach
Des lebens, diner tage,
Hie ist der sunden vlage
Kumen, die du hast da vor
Getan, in gewaldis spor,
Richtende unzimelich.
Verdrucket ist hie durch dich
Der reine zu aller zit,
Loufen lisest du besit
Den bosen mit gebrechte,
Swie Got doch sprach vil slechte:
“Nicht toete den gerechten!
Die guten las nicht schechten
Keiner wis!” nu sage an:
Under welches boumes plan
Sprachen sie en entzwischen?’
Er sprach: ‘ich sach sie mischen
Rede bi der criechen boum.
Niden uf der erden soum
Wart ir gelubde vol ant.’
Do sprach Danyel zuhant:
‘Unwar hastu nu gesait
In din houbt. da von dich jait
Gotis engel, wand der hat
Genumen von im den rat,
Urteilende din leben.
Dich wil er howen eben
Von ein ander.’ wec gienc der.
Man rufte do jeme her.
Zu deme sprach der junge:
‘O Chanaanis zunge
Geborn, und nicht von Juda!
Fine schone hat dich da
Betrogen, ouch die gere
Verkarte vil gewere
Din herze mit dem willen.
Sust tatet ir in stillen
Gewalt den tochtern vorwar
Uz der Israhelen schar.
Swen die horten uwer wort,
Vor vorchten wart ez gehort
Bejehende uch da mitte.
Dirre suntliche sitte
Was Jude tochter wider,
Sie enwolde nicht nider
Legen die Gotis vorchte.
Da von sie nicht enhorchte
Uwer mutenden bosheit.
Nu bekenne in warheit:
Wie hiez der boum da dir wart
Schinber dirre zweier vart
Kosende durch snode lust?’
Hin wider sprach er alsust:
‘Ein sle dorn schuf en gemach.’
Danyel do abir sprach:
‘Disse rede, die nu louft,
Ist ouch unwar in din houft
Kumen uz dinem munde.
Hie stet in dirre stunde
Kein dir Gotis engel clar
Habende ein swert vil bar,
Uf daz er dich sla entzwei
Uch toetende, zuhant schrei
Allez volc, in stimme groz,
Lobende den Got der loz
Machet die im getruwen.
Glich wurden sie sich gruwen
Jenen zwehen richteren,
Rechtes kein en begeren.
Wand Danyel sie vunden
Hatte, ouch uberwunden
Uz irem munde geseit
Valschen gezuc und geleit
An irem eben cristen.
Man tet en sunder vristen
Als sie hatten hie getan
Boslich. des muste irgan
Uber sie ein gerichte,
Als ez die ehe tichte
Moysi, der sie gebot.
Bede liden sie den tot
Mit bitterlicher vlage.
Irlost wart an dem tage
Unschuldic blut, ouch ein lib.
Helchyas unde sin wib
Sprachen Gote ir gebet,
Umme daz er hulfe tet
Susannen, irme kinde.
Joachym, ir wirt linde,
En mitte dancte sere.
Wunne, pris, lob und ere
Saiten im ouch ir vrunde,
Daz sie der bosen sunde
Mut noch willen nie gewan.
Danyeien wart man han
Grozer wirde vurbaz me.
Bi der zit viel ouch in we
Asttages der kunic,
Sterbende nam er hie nie
Menschlich an sime leben.
Begraben wart er eben
Zu einen vetren alda.
Cyrus der entpfienc darna
Gewaldeclich die crone,
Persen lant im ouch schone
Was undertan uber al.
Zu im in des riches sal
Nam er mit uzirwelen
Den wisen Danyelen
Durch die vorbesichtikeit.
Im wart da von hie bereit
Ere mancherhande wis,
Vor des kunges vrunt er pris
Behielt in des riches hus.
Diz capitel ist nu us.
Anmerkungen
- ↑ Fragment Hall (Tirol), Franziskanerkloster, ohne Signatur [verschollen], zitiert nach Maurer, Friedrich (Hg.): Die religiösen Dichtungen des 11. und 12. Jahrhunderts, S. 166.
- ↑ Text nach Schröder, Werner/Waag, Albert (Hg.): Kleinere deutsche Gedichte des 11. und 12. Jahrhunderts, S. 217.
- ↑ Text nach Stammler, Wolfgang: Mittelniederdeutsches Lesebuch, S. 73.
- ↑ Text nach Hübner, Arthur: Die poetische Bearbeitung des Buches Daniel aus der Stuttgarter Handschrift. Berlin 1911 (online).