Die Minnesänger (Der Stricker)
Die Minnesänger | |
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AutorIn | Der Stricker |
Entstehungszeit | Ca. 1220-1250 (Grubmüller, Klaus (Hg.): Novellistik des Mittelalters, S. 1020) |
Entstehungsort | Österreich? (Grubmüller, Klaus (Hg.): Novellistik des Mittelalters, S. 1020) |
AuftraggeberIn | |
Überlieferung | Wien, ÖNB: Cod. 2705 (online: [1]) Wien, ÖNB: Cod. 2885 (online: [2]) München, UB: 2° Cod. ms. 731 (online: [3]) Innsbruck, Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum: Hs. FB 32001 |
Ausgaben | Ehrismann, Otfrid (Hg.): Der Stricker. Erzählungen, Fabeln, Reden, S. 190-209 Moelleken, Wolfgang Wilfried (Hg.): Die Kleindichtung des Strickers, Band 5, S. 83-97 |
Übersetzungen | Ehrismann, Otfrid (Hg.): Der Stricker. Erzählungen, Fabeln, Reden, S. 190-209 |
Forschung | Böhm, Sabine: Der Stricker, S. 81, 90, 106-111, 115, 138f.; Schneider, Guido: Er nam den spiegel in die hant, als in sîn wîsheit lêrte, S. 235-258; Strasser, Ingrid: Vornovellistisches Erzählen, S. A.560 |
In der früheren Forschung wurden Der Höfling (Der Stricker) und Die unbewachte Gattin (Der Stricker) als ein Text verstanden (unter dem Titel "Die Minnesänger"). Ehrismann, Otfrid (Hg.): Der Stricker. Erzählungen, Fabeln, Reden sieht zwei abgeschlossene Minnereden.
Inhalt
[Anfang fehlt in E. Früher, als man die huote (1) schalt und mancher Gastgeber es büßen musste, dass er seine Frau bei den Gästen sein ließ und sie dann ihre Treue vergaß, ihrer Pflichten nicht achtete und die Ehe brach, da nannte man das hochgemutiu minne (7). War ein Gastgeber klug und wahrte die huote, so musste er büßen, dass er ein merckaere (13) war, und man wünschte ihm mit rede und mit gesange (16), dass er taub und blind wäre. Als sie solche Narren suchten, die ihren Frauen zumuteten, treulos zu werden und Gottes Gnade zu verlieren, kam so mancher Gast dorthin, wo ihn ein Gastgeber seinen Geschäften nachging und sich bemühte, für des Gastes Wohl zu sorgen, bemühte sich der Gast darum, seinen Gastgeber zu verleumden und ihn seiner Frau so zu verleiden, dass sie ihm mitunter den Tod wünschte. So pflegte er dann zu sprechen: Es bekümmere ihn, dass ihre Tugenden verfielen, da sie ohne Minne lebe, denn leider habe sie einen Mann, der ihr die Freuden der Minne nicht so bieten könne. Dass sich ihre Tugenden ganz entfalten könnten.] Die hohe tougen minne (63) hingegen bereichere alle Tugenden, und wenn die Dame ihnen ganzen hort (79) dieses Reichtums gewinnen wolle, so möge sie ihn lieben, der für sie Wunder vollbringen würde. Zwar besitze er leider keinestaete (86), aber wenn sie ihn liebe, werde er das Leid vertreiben, das sie mit ihrem Manne habe, und alle die Freude bringen, die nur die Minne und ihre Kinder erreichen könnten. Dieses aeffen und triegen (107) hielt eine schlechte Frau für gut und wurde in ihren Plänen dann auch noch von untreuen Ratgebern bestätigt.
Eine Frau mit schlechten Absichten will eine Frau gleicher Gesinnung bei sich haben. Dieser Salman (118) der Frauen redet nicht von guten Dingen, sondern betört die Herrin nur noch mehr. Dagegen gibt der Dichter dem Ritter, der eine Frau hat, die sich und ihre Ehre befleckt, den Rat als Frauen, die um sie sind, alle Tage zu schlagen und ihnen zu sagen, dies sei für ihre Treulosigkeit. Die Geschlagenen kämen so dauernd zur Herrin und würden sie anflehen, in rechter Weise zu leben, damit sie nicht gleichfalls geschlagen würde. Diese täglichen Klagen führten dazu, dass sie von ihrem ungetriwen ubermuot (163) aus Furcht ablasse, so wie der Löwe in Furcht gerät (164c, d), wenn man vor ihm den Bären schlägt. - Wer nun darauf achtet, dass seine Frau nicht Menschen um sich hat, die sie gegen ihre eigene Treue und Ehre einnehmen, der soll auch die Boten der Höfischen nicht zu ihr lassen. Denn diese Kupplerinnen schaffen es mit ihrem Schmuck und ihren Tüchern, dorthin zu kommen, wohin sonst niemand kommt, und während so eine ihren Kram zeigt, richtet sie der Herrin die Botschaft aus, die den Hausherrn erzürnen würde, würd er sie kennen. Oder sie geben der Dame einen Brief, den sie so oft liest, bis sie sich dem anderen Mann hinzugeben bereit ist. Wer das Verbrechen dieser Teufelinnen so in Verruf brächte, dass sie keine Lust am Leben hätte, täte ein gutes Werk. - Die Frau, die es nicht schätzt, wenn sie ihr Mann behütet, ist keine von den Besten. Für die Reine hingegen ist die huote leicht, und es freut sie, mit ihrem Mann zu bezeugen, das niemand ihr Übles nachsagen kann.
[Beginn von E 5/] Wenn einem Gast, der es für höfisch hält, seinem Gastgeber durch höfisches Verhalten gegenüber seiner Frau Leid zuzufügen, der Gastgeber umgekehrt auch das zukommen lässt, das ihm rechtens zusteht und ihm damit verdeutlicht, was seine hofscheit (230) wirklich wert ist, so ist das durchaus angebracht. Wenn er Speise und Trank erwartete, so wäre es passend, ihm das vorzusetzen, was schon immer die Freude des Höfischen war: edel bluomen, loup und gras (235), den vogel, der wol sunge (237) und den brunnen (238) unter der linden (239). Er könnte dann erfahren, welche Freude die Dinge bringen, von denen er die ganze Zeit singt. Denn er dächte nicht daran, von Sauerkraut und Kohl zu singen. So soll man sich an die Blumen halten, und wenn der Gastgeber seinen Gast mit solcher Speise ehrte, erführe er, was er wäre und was er vorhätte. - In einer Zeit, in der er keine Blumen gibt, soll der Gastgeber dem Gast sagen, dass er sich nicht mehr höfisch verhalte, wenn er jetzt einen Gastgeber suche; denn Blumen könne ihm jetzt keiner geben. Er solle von nichts als von Blumen leben und sich jetzt wie die Vögel verstecken, bis er wieder Laub und grünes Gras gebe. Unmâze (267) sei es, wie die Fresser in einen Hof zu Kühen und quiekenden Scheinen zu reiten. Ein Höfischer vergäße sich, wenn er einen Rinderbraten äße, denn er habe zu zweit eine Woche lang an einer jungen Lerche genug. Wäre seine Leibe so groß, dann reichte ein Lerchenfuß, um den größten Hunger zu stillen. - Ein Gastgeber, der so einem Höfischen seine hofscheit heimzahlte, bliebe zukünftig von Höfischen verschont, da sie von Blumen satt seien und weder diese bei ihm suchen, noch sich um seine Frau kümmern würden, - Ein Liebhaber, der sie Frau eines anderen begehrt, hat gar zu viel Feuer in sich. Das soll man nicht durch Pfeffer und guten Wein noch mehr anfachen, sondern ihm sein Leben mit kaltem Wasser verlängern. Denn das Feuer, das im Höfischen brennt, stammt aus der Hölle, und wenn er nicht ganz verbrennen und gesund werden will, braucht er eine kalte Speise.
(Ziegeler, Hans-Joachim: Erzählen im Spätmittelalter, S. 484f.)