Susanna im Bade (Erzählstoff)
Susanna im Bade (Erzählstoff) | |
---|---|
Regest | Susanna, eine tugendhafte Frau, wird beim Baden von zwei alten Richtern heimlich beobachtet. Als sie ihre Annäherungen zurückweist, bezichtigen sie sie der Untreue. Daniel deckt ihre Lügen auf, rettet Susanna und bringt die falschen Ankläger zur gerechten Strafe. |
Fassungen | |
Forschung (s.a. unter Fassungen) |
Jahn, Bruno: Susanna |
Mittelfränkische Reimbibel (12. Jhd.), V. ???-???
Vorauer Sündenklage (12. Jhd.), V. 685-704[1]
Swer sich ie zuo dir gevie,
den verlieze du nie;
daz ist offen und war.
daz bewartest du wol da
an der guoten Susannen.
diu was mit noten bevangen;
ir wart erteilet der tot,
unze din gnade do gebot
eime kindiscem manne,
daz er ir half danne
an allen ir scaden.
di si wolden vlorn han
mit luggeme urchunde,
uber di du vrumedest
die selben urteile,
di si ir ze leide
heten geraten;
wande siz mitalle taten
an aller ir sculde;
des vluren si dine hulde.
Susanna (um 1300)[2]
Se wolde sprechen und sprach -
Daz suffen or de wort vorbrach -:
"Owe! ich wolde, daz ich were tot!
Mich ruret allenthalben not,
Wor ich mich hen ghewende.
Och! hett ith den eyn ende!
Also ob ich daz eyne kore,
Den lip ich ane schult vorlore,
Daz andere mir vorstele,
Ere unde ouch de sele
Will ich uch ghetzvyden!
Der sele tot muste ich liden,
Will ich uch der rede weren,
So kan uch den lip vor u nicht erweren;
Alsus muz ich vorlesen,
Ich kese, was ich kese.
Aver doch will ich weger welen."
Se sprach: "Mir is bezzer herde vele,
Daz ich mich der scande scheme
Unde lide ane schult de veme,
Wen ich begunde sunden
Unde verlore god tzo vrunde.
Ich wil waghen uweren gramen
Unde wille kesen in godes namen.
Ich valle in uwere hande baz
Mit unschult wen in godes haz."
Susanna guf up unde screy.
Daz was den pafen als eyn ey;
Se begunden weder scryen,
Der vrowen eren viend,
Daz men daz in dem hus irhorte.
Tzo der hinderen porte
Er inghesinde tzo lep,
Do se horten den dep.
De pasen sprachen oberlut:
"Unser vrowe ist eyn vil bose hut!
Wy haven ere missetat ghesen.
Daz muz er an den lebent gen,
Also gy morne scholet vornemen."
Er inghesinde sich begunde schemen,
Wor me se von kinde hatte erkant,
Daz men se ane bosheyt vant.
Des morghens vro, do es tagete,
Also iz hute morghen havet,
Daz volk quam ghemeyne dar
Mit einer michelichen schar.
De pasen sprachen oberlut:
"Nu sende we na Joachimes brut.
We haben ere missetat ghesen,
Daz moz er an den lebent ghen!"
Susanna de quam up den sal
Mit eyner michelichen schar;
Ere maghe unde ere husen al
De quamen mit er in den sal;
Er vater, muter unde kint
Von weynende mochten werden blint.
Do weynten al ere vrunde
Unde alle, daz er hatte kunde,
Wanne man se von kinde hatte erkant,
Daz man se ane bosheyt vant.
Do legheten se ere hende -
Daz se de tubel schende! -
Up der vrowen houbet.
(Ich weyz, daz en daz volk gheloubet!)
Se sprachen: "Nu horet, gy heren iunch unde alt!
Von gote have we de walt.
We ne willen rechte richten,
So werde we tzo nichte!
Dem armen also dem richen,
Dem schuldeghen al gheliche,
Dem heren also dem knechte
We scholen richten rechte.
We gingen in den garten,
Up daz we uns bewarten
Vor der sunnen vure
Under der bome schure.
In eyner dicken hecken
Al in des garten ecken
Dusse vrowe wol ghecyret quam
Mit twen iuncvrowen lobesam.
De iuncvrowen dar se von er trep,
Alleyne se dar inne blep.
Do saghe we, dat eyn iungelinch
Dorther uz geneme winkele ginch.
Met der hant se ome wenkete,
Daz saghe we gar enkete;
Wie se mit eynander waren,
Ungherne we daz saghen."
Daniel (1331-1335), V. ???-???
Anmerkungen
- ↑ Text nach Schröder, Werner/Waag, Albert (Hg.): Kleinere deutsche Gedichte des 11. und 12. Jahrhunderts, S. 217.
- ↑ Text nach Stammler, Wolfgang: Mittelniederdeutsches Lesebuch, S. 73.