Der erste Buchstabe der Geliebten (B4)

Aus Brevitas Wiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Der erste Buchstabe der Geliebten (B4)

AutorIn Anon.
Entstehungszeit Überlieferung ab 1470/71
Entstehungsort
AuftraggeberIn
Überlieferung Prag, Knihovna Nárondniho muzea: Cod. X A 12, 49r-51v
Leipzig, Universitätsbibliothek: Ms. Apel 8, 190v-194r
Berlin, Staatsbibliothek: Mgf 488, 62v-66v
Ausgaben Dorobantu, Julia/Klingner, Jacob/Lieb, Ludger (Hg.): Minnereden, S. 42-47
Übersetzungen
Forschung Klingner, Jacob: Der erste Buchstabe der Geliebten; Klingner, Jacob/Lieb, Ludger: Handbuch Minnereden, Band 1, S. 7f.

Inhalt (nach Prag)

A Hymnischer Lobpreis des E (1–10):

Der Sprecher eröffnet seine Rede mit dem Buchstaben E, dem Anfangsbuchstaben des Namens der Geliebten, und preist ihn. Alles im Himmel, auf Erden, in der Luft und im Wasser – ebenso alles, was sprechen, schreiben und lesen kann – soll dieses zarte E grüßen.

B Erzählung von der Entstehung seiner Minnebeziehung (11–38):

Der Sprecher berichtet zunächst von einer Vision, in der sich Liebe, Minne und Süße der Dame ergeben. Danach erzählt er, wie er an die Pforte der Frau Minne klopft, um Liebe und Minne um Rat zu bitten, wem er sein Herz zuwenden solle. Ein Bote namens lieplich danck erscheint und erklärt, Frau Minne sei fort, weil sie einen vollkommenen Menschen gefangen habe, an den er sich halten solle. Der Sprecher erkennt darin seine Geliebte, geht zu ihr und fragt sie direkt, ob sie ihm treu sein wolle – was sie sofort bejaht; der Dialog umfasst nur vier Verse.

C Hyperbolischer Lobpreis (39–86):

Der Sprecher preist nun in überschwänglicher Freude die Geliebte: Er hebt erneut den Buchstaben E hervor und reiht in anaphorischer Form zahlreiche Lobformeln aneinander. Er beschreibt seine Leidenschaft mit drastischen Minne‑Metaphern und bezeichnet die Geliebte bildreich als Morgenstern, Mandelkern, Rosenbaum, Balsamduft, liebliche Fessel der Minne und Himmelreich seiner Augen. In ihr seien die vier Komplexionen vollkommen vereint. In einer Publikumsapostrophe fordert er Frauen und Männer auf, sich ihr zu unterwerfen, da man an ihr rechtes Minneverhalten lernen könne; sie sei allen ein Spiegel. Es folgt eine Schönheitsbeschreibung von Mund bis Leib. Schließlich erklärt er, sie setze ihn Schach und Matt.

D Liebesschmerz und Hoffnung (87–146):

Sprecher beklagt die Schmerzen, die ihm die Trennung von der Geliebten verursacht. Wenn er sie aber morgens sieht, hat er den ganzen Tag Freude (105: Ich pflantz mein augen in ir schön). Wenn ihr Mund zum Lächeln aufgeht, spaltet sich sein Herz; er ist verwundet durch ihre Geschosse und hofft auf eine Erfüllung der Liebesverheißung. Zweimalige Anrufung Amors, er möge als Vogt der Minne ihr zureden, dass sie ›mit beständigem Begehren ihre Treue und auch ihre Ehre behalte‹ (127f.), und Verwünschung der Klaffer, die einer beständigen lieb on lieb (131) entraten: Man solle sie verbrennen. Er versichert, treu zu sein bis ins Grab.

E Wünsche (147–168):

Sprecher beendet seine Rede wieder in Wendung an die Geliebte, der er anaphorisch gereiht Gottes Segen wünscht und die er um körperliche Liebeserfüllung bittet.

(Klingner, Jacob/Lieb, Ludger: Handbuch Minnereden, Band 1, S. 8)