Das brechen leit (B27)

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Das brechen leit

AutorIn
Entstehungszeit Vor Mitte 14. Jhd.
Entstehungsort
AuftraggeberIn
Überlieferung Pommersfelden, Gräflich Schönbornsche Schossbibliothek: Cod. 54, 35r-40v
Ausgaben
Übersetzungen
Forschung Klingner, Jacob: Das brechen leit

Inhalt

A Die Dame im Reigen / Prolog (1-34)

Der Sprecher eröffnet unvermittelt mit dem Bild eines Reigentanzes, dessen Teilnehmer – Pflanzen, Vögel und Gegenstände, von ihm als juncfroun bezeichnet – rätselhaft bleiben und wohl eine pragmatische oder symbolische Bedeutung haben, die der Text jedoch nicht erklärt. Unter diesen Figuren ist ihm der blûndin meigen zwîc am liebsten: die Geliebte, der er sich völlig hingeben will und die alle Frauen übertrifft. Ihr zu Ehren verfasst er die folgende Rede, in der er – wie er das Publikum ausdrücklich anspricht – von seiner Liebe und der Schönheit der Dame berichten möchte.

B Preis der Geliebten (35-74)

Nach einem Bescheidenheitstopos hebt der Sprecher zu einem überschwänglichen Lob der Geliebten an. Er wechselt dabei zwischen direkter Anrede und Rede über sie in der dritten Person. Eine anaphorische Preisreihe und mariologisch gefärbte Tugendlobungen führen in einen Überbietungstopos: Der gesamte Frauenpreis der Bibel und der Meister müsste für sie um ein Tausendfaches gesteigert werden.

C Entstehung der Liebe (75-133)

Der Sprecher schildert, wie seine Liebe entstand: mut, sin und herze hätten ihn lautstark gedrängt, der Dame zu dienen. So sei er kühn in den Hinterhalt der Minne geraten und von ihr gefangen worden. Als Eigenknecht der Minne empfange er einen doppelten Lohn – Freude, weil die Erwählte weltweit als makellos und beständig gerühmt werde, und Trauer, weil selbst ein Kaiser ihr nicht vollkommen dienen könne und er selbst keine Gelegenheit finde, ihr seine Klage vorzutragen. Der Pfeil der Minne habe sein Herz durchbohrt.

D Hoffnung auf Liebeserfüllung (134-212)

Der Sprecher ruft Venus um Beistand an. Würde die Geliebte ihm nur einen Hoffnungsschimmer auf Lohn geben, fühlte er sich wie ein Kaiser, bliebe ewig jung und lebte tausend Jahre. Er hebt die Möglichkeit der heimlichen Gedankenminne hervor und steigert den Kaisertopos: Hoffen und Denken seien ihm mehr wert als jedes Reich; für eine einzige Umarmung verzichtete er auf Engelsgesang und den Himmelsthron. Er wolle sich der Geliebten ganz hingeben, fürchte jedoch ihre mögliche Gleichgültigkeit. Darum betont er erneut seine Dienstbereitschaft und ihre Macht über sein Leben. Die drohende Enttäuschung malt er in blumigen Genitivmetaphern als Leid aus, das ihn bis zum Todeswunsch treiben könnte. Am Ende aber traut er der vollkommen tugendhaften Dame keine ungnâde zu und beschließt mit einem Segenswunsch für sie.

E Schönheitsbeschreibung (213-262)

Die flehentliche Apostrophe an die Dame, sie möge erlösende Worte sprechen, leitet zu einem ausführlichen Schönheitspreis über, der nur teilweise dem a capite ad calcem-Schema folgt: genannt werden Hals, Zunge, Zähne, Mund, Kinn, Nase, Wangen, Augen, Wimpern, Stirn, verhüllte Locken, Kopf, Hände, Nägel, Finger, Körper und Füße.

F Preis und Bitte (263-368)

Der Sprecher wendet sich erneut flehend an die Geliebte und bittet um ihre Huld. Sie solle selbst den treuesten ihrer Diener wählen und alle Nebenbuhler entlassen – in der Hoffnung, dass er der Erwählte sei. Es folgt eine lange, litaneiartige Preisreihe in anaphorischen Kurzversen, in der er sie mit höfischen und geistlichen Bildern preist, teils auch mit kunstvollen, blumigen Gleichungen wie der „Übertugend aller Ehre“ oder der „fruchtigen Frucht“ des Olivenbaums. Danach bekräftigt er seine glühende Liebe und droht, bei Nichterhörung an Liebesleid zu sterben. Er empfiehlt ihr seine Seele und schließt mit einem Segens- und Neujahrswunsch für die Geliebte.

(Ausführliche Inhaltsbeschreibung bei Klingner, Jacob/Lieb, Ludger: Handbuch Minnereden, Band 1, S. 39-41)