Zu Soltz da saß ein Edelman: Unterschied zwischen den Versionen
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''Vndt wurden damals von den Hennenbergischen Berg knappen vnd andern freyharts knaben aller handt Reymen Spruche gemacht, von welchen mir Caspar Löffler zu Virnaw noch dise erzehlet hat. | {| class="wikitable" | ||
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|style="border-width: 1px 1px 5px 1px"|Text<ref>Nach der Edition [[Schnorr, Franz: Aus der verloren geglaubten Hennebergischen Chronik von Nathanael Caroli]], S. 29-31, Änderungen sind angemerkt.</ref> | |||
|style="border-width: 1px 1px 5px 1px"|Übersetzung | |||
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|style="white-space: pre; style="vertical-align:top;"|'''I'''<ref>Der ersten Strophe voraus geht eine Einleitung der Memorabilie durch Nathanael Carl: ''Vndt wurden damals von den Hennenbergischen Berg knappen vnd andern freyharts knaben aller handt Reymen Spruche gemacht, von welchen mir Caspar Löffler zu Virnaw noch dise erzehlet hat.</ref><br /> | |||
''Zu Soltz da saß ein Edelman,<br />war wol mit herrn vnd fursten dran,<br />drumb nam ers steiff jn seinen sinn,<br />wolt die von Stepffershausen zwing,<br />ja Stepfershausen nicht allein,<br />Mämels vndt Wons warn auch gemeint.<br />denn er nam jhnen jhre kuhe,<br />dasselbig bracht jhm angst vnd muhe.<br />Meint wol zu kommen hoch hervor,<br />aber all sein gut er drob verlor,<br />darzu furst wilhelms schutz vnd gnadt,<br />das rewet Wolfen von Herbstadt,<br />es rewet jn aber viel zu spat<ref>Dieser Vers fehlt bei [[Schnorr, Franz: Aus der verloren geglaubten Hennebergischen Chronik von Nathanael Caroli]], S. 29, der ihn offensichtlich als bloße Wiederholung ansieht; vgl. aber V,2f.</ref><br />das er gefolgt hatt bösem rath.<ref>Der Vers ist interlinear nachgetragen.</ref><br />Das macht sein vbermut vnd stoltz,<br />Er wer sonst blieben wol zu Soltz. | ''Zu Soltz da saß ein Edelman,<br />war wol mit herrn vnd fursten dran,<br />drumb nam ers steiff jn seinen sinn,<br />wolt die von Stepffershausen zwing,<br />ja Stepfershausen nicht allein,<br />Mämels vndt Wons warn auch gemeint.<br />denn er nam jhnen jhre kuhe,<br />dasselbig bracht jhm angst vnd muhe.<br />Meint wol zu kommen hoch hervor,<br />aber all sein gut er drob verlor,<br />darzu furst wilhelms schutz vnd gnadt,<br />das rewet Wolfen von Herbstadt,<br />es rewet jn aber viel zu spat<ref>Dieser Vers fehlt bei [[Schnorr, Franz: Aus der verloren geglaubten Hennebergischen Chronik von Nathanael Caroli]], S. 29, der ihn offensichtlich als bloße Wiederholung ansieht; vgl. aber V,2f.</ref><br />das er gefolgt hatt bösem rath.<ref>Der Vers ist interlinear nachgetragen.</ref><br />Das macht sein vbermut vnd stoltz,<br />Er wer sonst blieben wol zu Soltz. | ||
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'''VI'''<br /> | '''VI'''<br /> | ||
''Hans Drifus hatt sich bas bedacht,<br />Ein henn vnd mist hack dauon bracht,<br />denn er gedacht jn seinem mut,<br />die<ref>Vor diesem Wort ist ein unleserliches Wort ausgeschabt.</ref>henn legt eyer, sindt den kindern gut:<br />da er nu hört fürst Wilhelm schallen,<br />lies er vor leidt den hacken fallen,<br />die henn jm heimweg er ertrückt,<br />dadurch wurd jhm sein beut entzückt,<br />kriegt nicht daruon eins hellers werth,<br />So baldt gein Sultz nicht widr begert.<ref>In der Handschrift sind von moderner Hand in roter Farbe Ziffern über die Wörter angebracht, die die richtige Reihenfolge anzeigen sollen; [[Schnorr, Franz: Aus der verloren geglaubten Hennebergischen Chronik von Nathanael Caroli]], S. 30, stellt entsprechend um: "Gein Sultz so baldt nicht widr begert".</ref> | ''Hans Drifus hatt sich bas bedacht,<br />Ein henn vnd mist hack dauon bracht,<br />denn er gedacht jn seinem mut,<br />die<ref>Vor diesem Wort ist ein unleserliches Wort ausgeschabt.</ref>henn legt eyer, sindt den kindern gut:<br />da er nu hört fürst Wilhelm schallen,<br />lies er vor leidt den hacken fallen,<br />die henn jm heimweg er ertrückt,<br />dadurch wurd jhm sein beut entzückt,<br />kriegt nicht daruon eins hellers werth,<br />So baldt gein Sultz nicht widr begert.<ref>In der Handschrift sind von moderner Hand in roter Farbe Ziffern über die Wörter angebracht, die die richtige Reihenfolge anzeigen sollen; [[Schnorr, Franz: Aus der verloren geglaubten Hennebergischen Chronik von Nathanael Caroli]], S. 30, stellt entsprechend um: "Gein Sultz so baldt nicht widr begert".</ref> | ||
|style="vertical-align:top;"|'''I'''<br /> | |||
Zu Sulz saß ein Edelmann,<br />der gut mit Herren und Fürsten vernetzt war,<br />weshalb er sich auf den Gedanken versteifte,<br />die Steffershausener zu unterwerfen,<br />ja, nicht nur die Steffershausener,<br />sondern auch die von Mämel und von Won.<br />Denn er nahm ihnen ihre Kühe weg,<br />was ihm Angst und Not bescherte.<br />Er hatte wohl gemeint, dass er weit aufsteigen würde,<br />doch er verlor sein ganzes Vermögen dabei,<br />dazu noch Schutz und Gnade des Fürsten Wilhelm.<br />Wolf von Herbstadt reute es, | |||
dass er einem schlechten Ratschlag gefolgt war.<br />Ursächlich dafür waren sein Übermut und sein Stolz,<br />ansonsten wäre er sicherlich in Sulz geblieben. | |||
'''II'''<br /> | |||
Als Sulz schließlich eingenommen<br />und überstürzt und unbedacht geplündert wurde,<br />weil die von Steffershausen<br />allzuviel drinnen mausen wollten,<br />gelüstete es den Wonsern und denen von Memel<br />nach den Kühen und dem Hammel;<br />Andere gelüstete es danach, Hühner und Gänse zu schlachten,<br />und viele wollten bewegliche Güter haben<br />und auch sonst gute Haushaltsgegenstände.<br />Das wollte aber Fürst Wilhelm nicht zulassen:<br />Der edle Fürst von Hennenberg,<br />dem es stets nach Ruhe und Frieden verlangte,<br />Kam höchstselbst mit seinen Reitern angestürmt –<br />Sonst hätten die das Dorf gebrandschatzt. | |||
'''III'''<br /> | |||
Der Schöne Heinz von Wasing machte sich zum Narren,<br />er lief nach Sulz und nahm das Hasengarn<ref>Garn oder Netz, das für die Hasenjagd verwendet wird, vgl. [www.woerterbuchnetz.de/DWB?lemid=H03077 DWB, Art. Hasengarn].</ref>,<br />aber nicht nur das Hasengarn:<br />Er trug auch die Viertelkanne<ref>Viertelkanne ist ein Weinmaß, vgl. [www.woerterbuchnetz.de/DWB?lemid=V08878 DWB, Art. Viertelkanne]</ref> mit nach Hause.<br />Die Schmalkaldener kamen in den Keller,<br />wo sie den süßen Wein vorfanden; | |||
auch die von Suhl stießen dazu<br />und veranstalteten dort eine Orgie<ref>Vgl. [www.woerterbuchnetz.de/DWB?lemid=W27639 DWB, Art. Wühl].</ref>.<br />Melkers, Ripershausen und Waldtorff<br />gaben eine gute Antwort darauf. | |||
'''IV'''<br /> | |||
Heinz Enders sprang auf einen Brunnen<br />und drehte alsbald den Nagel heraus.<br />Der Bauer rief: „Heinz, warte auf mich,<br />den Nagel verkaufe ich dir.“<br />Heinz sagte: „Ich wünsche dir das Sankt-Antonius-Feuer<br>Mit Sankt-Antonius-Feuer ist die Vergiftung durch Mutterkorn bezeichnet, die häufig das Absterben von Fingern und Zehen zur Folge hat und auch zu Wahnvorstellungen, Lähmung und Tod führen kann.</ref>,<br />der Nagel würde mir zu teuer kommen,<br />ich höre nicht auf dich, mögest du den Veitstanz bekommen<ref>Der Veitstanz ist eine Bezeichnung für unterschiedliche Erkrankungen, u.a. auch für die Vergiftung von Mutterkorn, vgl. IV, 5.</ref>,<br />zumal der Nagel nicht mehr ganz ist. | |||
'''V'''<br /> | |||
Heinz Endres sagte zum Schönen Heinz:<br />„Heinz, mein Guter, komm her und folge mir,<br />komm schnell und folge mir,<br />wir wollen die Kirchentüre aufschieben.“<br />Nachdem sie diese aufgeschoben hatten,<br />fanden sie nur einen Bund gesponnenen Flachs<ref>‘“Ein klobe flachs“ als ein Bund gesponnener Flachs vgl. [[www.woerterbuchnetz.de/DWB?lemid=K07714 DWB, Art Kloben, 8a]].</ref><br />und daneben nichts als Fadenstücke<ref>Zu „zotten“ als „lose Fäden“ vgl. [www.woerterbuchnetz.de/DWB?lemid=Z08503 DWB, Art. Zotten]</ref> und Spinnabfall <ref>Zu „schwingwerg“ als „Abfall beim Schwingen des Flachses vgl. [www.woerterbuchnetz.de/DWB?lemid=S22673 DWB, Art. Schwingwerg].</ref>,<br />so sauber war der Kirchenboden gefegt.<br />Das erzeugte bei dem Schrumpfpenis<ref>Künne bedeutet zunächst die edle Abkunft, steht aber auch konkret für das männliche Geschlechtsteil, vgl. [www.woerterbuchnetz.de/DWB?lemid=K16246 DWB, Art. Künne]; „lötzen“ ist eine Nebenform von „lützel“: klein, wenig, vgl. [www.woerterbuchnetz.de/DWB?lemid=L07884 DWB, Art. Lützel]</ref> immense Wut,<br />und er sagte: „Dass euch Donner und Blitz durchbohre!“ | |||
'''VI'''<br /> | |||
Hans Dreifuß hatte besser nachgedacht<br />und nahm eine Henne und eine Misthacke mit sich,<br />denn er dachte bei sich:<br />„Die Henne legt gute Eier, die sind gut für die Kinder“.<br />Als er nun den Kampflärm von Fürst Wilhelm hörte,<br />ließ er vor Schreck die Hacke fallen,<br />und die Henne erdrückte er auf dem Heimweg,<br />wodurch ihm seine Beute abhanden kam<br />und er keinen Heller Gewinn hatte.<br />So bald wollte keiner mehr Sulz überfallen. | |||
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== Anmerkungen == | == Anmerkungen == |
Version vom 9. Februar 2024, 13:51 Uhr
Zu Soltz da saß ein Edelman | |
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AutorIn | Anon. (Schreiber/Kompilator: Nathanael Carl; Quelle: Caspar Löffler zu Virnaw) |
Entstehungszeit | Vor 1599 |
Entstehungsort | |
AuftraggeberIn | |
Überlieferung | Handschriftliche Ergänzungen und Kommentare zu dem Exemplar Dresden, SLUB: Mscr.Dresd.K.97 von Druck Straßburg 1599: Bernhard Jobin (Erben): Hennebergische Chronika (online), 252a |
Ausgaben | Schnorr, Franz: Aus der verloren geglaubten Hennebergischen Chronik von Nathanael Caroli, S. 29-31 |
Übersetzungen | |
Forschung |
Text und Übersetzung
Text[1] | Übersetzung |
I[2] Zu Soltz da saß ein Edelman, II III IV V[6] VI |
I Zu Sulz saß ein Edelmann, II III IV V VI |
Anmerkungen
- ↑ Nach der Edition Schnorr, Franz: Aus der verloren geglaubten Hennebergischen Chronik von Nathanael Caroli, S. 29-31, Änderungen sind angemerkt.
- ↑ Der ersten Strophe voraus geht eine Einleitung der Memorabilie durch Nathanael Carl: Vndt wurden damals von den Hennenbergischen Berg knappen vnd andern freyharts knaben aller handt Reymen Spruche gemacht, von welchen mir Caspar Löffler zu Virnaw noch dise erzehlet hat.
- ↑ Dieser Vers fehlt bei Schnorr, Franz: Aus der verloren geglaubten Hennebergischen Chronik von Nathanael Caroli, S. 29, der ihn offensichtlich als bloße Wiederholung ansieht; vgl. aber V,2f.
- ↑ Der Vers ist interlinear nachgetragen.
- ↑ In der Handschrift sind die beiden ersten Strophen durch einen durchlaufenden Querstrich von den restlichen Strophen abgetrennt.
- ↑ Die letzten beiden Strophen sind mit Zeilenumbrüchen nach jeweils zwei Versen aufgeschrieben.
- ↑ Vor diesem Wort ist ein unleserliches Wort ausgeschabt.
- ↑ In der Handschrift sind von moderner Hand in roter Farbe Ziffern über die Wörter angebracht, die die richtige Reihenfolge anzeigen sollen; Schnorr, Franz: Aus der verloren geglaubten Hennebergischen Chronik von Nathanael Caroli, S. 30, stellt entsprechend um: "Gein Sultz so baldt nicht widr begert".
- ↑ Garn oder Netz, das für die Hasenjagd verwendet wird, vgl. [www.woerterbuchnetz.de/DWB?lemid=H03077 DWB, Art. Hasengarn].
- ↑ Viertelkanne ist ein Weinmaß, vgl. [www.woerterbuchnetz.de/DWB?lemid=V08878 DWB, Art. Viertelkanne]
- ↑ Vgl. [www.woerterbuchnetz.de/DWB?lemid=W27639 DWB, Art. Wühl].
- ↑ Der Veitstanz ist eine Bezeichnung für unterschiedliche Erkrankungen, u.a. auch für die Vergiftung von Mutterkorn, vgl. IV, 5.
- ↑ ‘“Ein klobe flachs“ als ein Bund gesponnener Flachs vgl. www.woerterbuchnetz.de/DWB?lemid=K07714 DWB, Art Kloben, 8a.
- ↑ Zu „zotten“ als „lose Fäden“ vgl. [www.woerterbuchnetz.de/DWB?lemid=Z08503 DWB, Art. Zotten]
- ↑ Zu „schwingwerg“ als „Abfall beim Schwingen des Flachses vgl. [www.woerterbuchnetz.de/DWB?lemid=S22673 DWB, Art. Schwingwerg].
- ↑ Künne bedeutet zunächst die edle Abkunft, steht aber auch konkret für das männliche Geschlechtsteil, vgl. [www.woerterbuchnetz.de/DWB?lemid=K16246 DWB, Art. Künne]; „lötzen“ ist eine Nebenform von „lützel“: klein, wenig, vgl. [www.woerterbuchnetz.de/DWB?lemid=L07884 DWB, Art. Lützel]