Bautz, Petra/Altenkirch, Gunter: Der Graf von Schellenbach

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Zitation

Bautz, Petra/Altenkirch, Gunter: Der Graf von Schellenbach. Sagenwelten und volkskundliche Erläuterungen aus Thalexweiler und Umgebung. Thalexweiler 2011

Beschreibung

Sagenkundliche Untersuchungen und Zitation von Sagen aus dem Kreis Thalexweiler.

Inhalt

bislang sind lediglich die Ausführungen zur Geisterkirche (Erzählstoff) erfasst.

  • Grundsätzliche Perspektivierung über religionsgeschichtliche Reaktion der Gläubigen auf die Säkularisation der Französischen Revolution: „Nach der revolutionsbedingten Abschaffung der Geistlichkeit manifestiert sich anhand dieser Erzählung [gemeint ist die Sage von der Mitternachtsmette, zu der sich verstorbene Geistliche in der Kirche treffen] der Glaube des Volkes an die Kirche sowie deren persönliche Vertreter und im gleichen Zug offenbart sich, welche geheimnisvollen Kräfte die Menschen der Kirche zugeschrieben haben.“ (90)
  • Verbreitung des Sagenkreises im gesamten mitteleuropäischen Raum, ohne Quellenangaben. (91)
  • Sagenwesen:
    • Sagenwesen der Mitternachtsmesse: „Das vordringliche Sagenwesen dieses Motivs, das sich in vielen Erzählungen niederschlägt, ist der längst verstorbene Geistliche einer Gemeinde, der sträflicherweise während seiner Dienstzeit gegen die Regeln der Kirche verstieß. Meist waren es versäumte Messen, die er nun zu mitternächtlicher Stunde nachträglich halten muss. Dieses Motiv wird erst seit ungefähr hundert Jahren erzählt und stellt somit das jüngste Sagenmotiv aus diesem Kreis dar.“ (91)
    • Sagenwesen der Geistermesse: „Wesentlich älter war die urspüngliche Geistermesse, von der bereits Gregor von Tours (538 bis 594) berichtete. Unter der Geistermesse verstand das erzählende Volk ein nächtliches oder mitternächtliches Treiben Verstorbener in der Kirche. Dabei wird denjenigen, die zufällig und unbeabsichtigt der Geistermesse beiwohnen, der eigene nahe Tod verraten. […] Die Geistermessen zählen zu einem Sagenkreis innerhalb des größeren Kreises nächtlich schwärmender Toter.“ (91f.)
  • Historische Einordnung: „Zur Geistermesse selbst kann festgehalten werden, dass die Französische Revolution ein die Gesellschaft veränderndes Ereignis der Moderne mit weittragenden Folgen darstellt. Fromme Bauern verarbeiteten erzählend das Erlebte und Gehörte und verbanden es schließlich mit dem wesentlich älteren Sagenmotiv der schwärmenden Totengeister. Zeitlich wird das Erzählte in die Mitternachtsstunde gelegt. Die Geister sollen die verstorbenen Äbte und Mönche sein, deren pflichtgemäßer Gesang zu vernehmen ist. Das erzählende Volk verarbeitete in diesen Sagen die empfundene Schmach, dass Äbte und Mönche ihren seelsorgerischen Pflichten während der kriegerischen Auseinandersetzung nicht mehr nachkamen.“ (92)