Inhalt
Der Sprecher möchte eine schöne Jungfrau preisen, deren beständiger Diener er ist
und die sein Herz besitzt. Nach Art der Dichter will er nun ihre Ehre besingen, weshalb er Pallas anruft (14), das schiffelein (13) seines Gedichtes sicher im Hafen ankommen zu lassen. Er lobt im folgenden die Jungfrau als schon mild vnde gut (19) und geht
dann besonders auf ihre Art zu reden (25f.) und ihren Mund ein, der wie ein Stern in
sein Herz leuchte. Der Geschmack ihrer Lippen gleiche süßem Wein: Sei Jupiter auf
Erden und wolle sich in Liebe verbinden, so fände er hier reichen Trank, den er gerne
tränke. Auch der Sprecher würde gerne den Wein ihrer Küsse trinken, um schon von
einem kleinen Schluck in seinem Mund erregt und froh zu werden. Er schließt mit
Bitte und Dienstversicherung: Gib du schenes Juncfrawlein | mir eyn cleines Trenkelein | Wy du wilt doch ich bin dein | Sleuß mich in deins herzens schrein (49–52).
(Klingner, Jacob/Lieb, Ludger: Handbuch Minnereden, Band 1, S. 12)
Transkription
Die einzige Quelle ist verschollen; der folgende Text ist bei Anton, Carl Gottlob: Dritter Beytrag zu alten deutschen Gedichten, S. 326-328, nach nicht angegebenen Richtlinien transkribiert.
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Ich wil preisen offinbar
Eyne schone Juncfraw clar
Mein getichte faren ein
Vunde ir diener willig sein
Mein gemut sihe liebet stett
Gerne thett was sihe mich bett
Sihe hot gar vnuordrossen
Mit liebe mein herz begossen
Ir zcu willen trag ich fil
liebe, vnnd Jmmer tragen wil
Und ghun[1] der Tichter weise
Ir er beschreiben leise
Ouch so fur mein schiffelein
Pallas keusch rein unnd fein
Mit weisen clugen zittenn
Laß sich dy schon irbittenn
Das icht vor den reichen part
mein Gedichte werdt irmort
Sihe ist schon mild unde gut
Ich muß loben ihren mut
Zcertlich durch ihr leibelein
Ist das feyne Juncfraulein
Allen menschen angenehm
Schoner liebe wol bequem
Zcirlich ist ir rede fort
liplich ires mundes wort
Gleich ein stern ir mundelein
leuchtet In das Herzen mein
Sneweiß ist irs leibes Tron
Teuer ist der lieben lohn
Suße sein ir lipphelein
Wer gesmackt y sussen wein
Wenn ieczt were Jupiter
unnd uff erden furt ein her
Zcu lieben sich vorfugte
Hir were das ein gnugte
Ey er funde sussen Trangk
der en thet vor liebe krangk
Nicht liebers er begerte
Mit solchem smack irnerte
Gerne trungk er desin wein
Awß den reinen lipphelein
frolich trangk ich auch den wein
So mir wurde ein trunkelein
Süsser dinge nicht gedochte
So ichs In meyn mundlein brochte
Hitczig wurd ich ynnd geil
So mir wurd des Trangks ein Teil
Gib du schenes Juncfrawlein
mir eyn cleines Trenkelein
Wy du wilt doch bin ich dein
Sleuß mich In deins herzens schrein.
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Ich werde öffentlich
eine schöne, reine Jungfrau preisen,
mein Gedicht heimsteuern
und ihr untertäniger Diener sein.
Mein Sinn liebt sie beständig,
und ich würde gerne das tun, um was sie mich bittet.
Sie hat unermüdlich
mein Herz mit Liebe begossen.
Ihretwillen ertrage ich große Liebesschmerzen
und werde sie für immer erdulden
und nach der Art der Dichter handeln
und ihre Ehre anständig beschreiben.
Auch sollst du, du keusche, reine und schöne Pallas,
mein Schifflein
auf weise und kluge Art führen:
Lass die Schöne sich erweichen lassen,
so dass mein Gedicht nicht vor dem herrlichen Hafen
zerschellen wird.
Sie ist schön, freundlich und tugendhaft.
Ich muss ihr Wesen loben.
Auf anmutige Weise
ist die zierliche Jungfrau wegen ihrer herrlichen Gestalt
allen Menschen angenehm
und passend zu herrlicher Liebe.
Ihre Rede ist immer wie gedrechselt,
lieblich ist jedes Wort aus ihrem Mund.
Wie ein Stern leuchtet ihr zierlicher Mund
in mein Herz hinein.
Schneeweiß ist der Thron ihres Leibes,
wertvoll ist der Lohn der Geliebten.
Süß sind ihre zierlichen Lippen für denjenigen,
der jemals süßen Wein gekostet hat.
Wenn Jupiter jetzt
als Anführer eines Heeres auf der Erde weilen würde
und sich zum Lieben bereit machte:
Hier fände er eine Fülle vor.
Hei, er fände einen süßen Trank,
den er, krank vor Liebe, kosten würde.
Er würde nichts Lieblicheres mehr begehren,
wenn er einen solchen Geschmack schmecken würde.
Gerne würde er einen solchen Wein
von den reinen, zierlichen Lippen kosten –
freudig würde auch ich den Wein trinken,
wenn mir ein Schlückchen zuteil werden würde.
Ich kann mir nichts Süßeres vorstellen,
als dass ich ihn in meinen Mund bringen könnte.
Heiß und froh würde ich werden,
wenn mir ein Schluck von dem Trank zuteil würde.
Du schöne, zarte Jungfrau, gib mir
einen kleinen Schluck.
Ungeachtet deines Willens gehöre ich dir.
Schließe mich in den Schrein deines Herzens.
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Anmerkungen