Urkunde der Minne (B14)

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Urkunde der Minne (B14)

AutorIn Anon.
Entstehungszeit Überlieferung um 1433; Datum im Text: 1371
Entstehungsort
AuftraggeberIn
Überlieferung Karlsruhe, Landesbibliothek: Cod. Donaueschingen 104
Ausgaben
Übersetzungen
Forschung Klingner, Jacob: Urkunde der Minne; Klingner, Jacob/Lieb, Ludger: Handbuch Minnereden, S. 18f.; Mihm, Arend: Überlieferung und Verbreitung der Märendichtung im Spätmittelalter, S. 80

Inhalt

Der Text inszeniert sich in Aufbau und rechtlicher Terminologie als subjektiv formulierte Privaturkunde. Deshalb greift die folgende Darstellung auf die üblichen Fachbegriffe der Urkundenbeschreibung zurück.

A Protokoll (1):

Der Sprecher bezeichnet sich in einer schlichten Intitulatio als „diener miner vrowen“.

B Kontext (2–148):

Der Sprecher legt in einer ausführlichen Dispositio dar, dass er rechtsfähig und aus freiem, unbeeinträchtigtem Willen handelt. Er bestätigt, sich seiner Herrin vollständig zu übereignen – mit Körper, Herz, Sinnen, Handlungen und Absichten. Seine Dame soll fortan über seinen Willen verfügen. Auch seine Glieder stellt er ihr unter, besonders die Zunge, die wie ein „fleißiger Schmied“ ihre Ehre und Schönheit preisen soll. Mit der Selbstübereignung gibt er sogar seinen eigenen Namen auf und will nur noch „ihr Knecht“ heißen. Die Schenkung soll unwiderruflich sein: Bis zu seinem Tod will er unter dem „Stab ihrer Gnade“ stehen und lediglich ein „kleines Lehen“ von ihr empfangen. Auch eine Weitergabe oder Verleihung seiner Person durch die Dame soll ausgeschlossen sein – wenngleich er sich letztlich ihrem Willen fügen würde. In der Corroboratio verweist er auf sein Siegel und drei Zeuginnen: Frau Minne, Frau Treue und Frau Staete. Sie haben ihn zur Schenkung ermutigt und sollen nun deren Erfüllung sichern. Frau Minne soll sein Herz ganz in Besitz nehmen und jede andere Bindung verhindern; Frau Treue und Frau Staete sollen über die Einhaltung der Übereignung wachen und ihn im Fall eines Verstoßes als Meineidigen brandmarken (Sanctio). Anschließend ergreifen die Zeuginnen selbst das Wort – vertreten durch Frau Minne –, bekräftigen ihre Zeugenschaft und bestätigen den Inhalt der Urkunde. Ihre Rede scheint den Text bis zum Schluss zu tragen.

C Eschatokoll (167–180):

Der Text datiert die Urkunde auf das Jahr 1371, angegeben im Nativitätsstil. Dieses Jahr wird mit zwei wunderhaften Zeichen ausgeschmückt: Das Gras sei violett gewesen und ein „roter Mund“ habe den Schnee wie ein verwundetes Tier blutig gefärbt. Auf eine kurze zweizeilige Bitte zugunsten des Sprechers (Appreciatio) folgt abschließend eine formelhafte Schlussbekräftigung (Completio).

(Ausführliche Inhaltsbeschreibung bei Klingner, Jacob/Lieb, Ludger: Handbuch Minnereden, S. 18f.)