Weingrüße MS Ger. 74

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Signatur

Berlin, Staatsbibliothek: MS Ger. 74, 1r-2v

Transkription[1]

[1r]
Nun grieß dich got du edelß getranck[2]
Frist mir mein leb(er)n sie ist kranck
mit deinen(n) gesund(e)n hailsamen(n) tropf(e)n
Du kanst mir alß mein trur(e)n verstopf(e)n
Sälig sy der hacker der dich umb hackt
Sälig sy de(r) leser de(r) dich ab zwackt
Und der der dich in ainen kybel legt
Sälig sy der d(er) dich in die kälter tregt
Sälig sy der bittner und die hand
der dich mit rayffen(n) zuͦ samen band
Und dir da macht ain hyltin huß
Sälig sy der dich dann reuffet usß
Sälig sy der wirt der schenck(e)n erdächt
Selig sy de(r) bott de(r) dich her hat prächt
Sälig sy de(r) der dich eyn hat geschenckt
Unselig sy der d(er) sich ains sölich(e)n erdenckt
Daß man die maß soll mach(e)n clain
Nun behiet dich got vor dem hagelstai(n)
und vor deß kalt(e)n reyffeß frost
Du gantze labu(n)g und halbe kost
Nu müssen alle die selig sein
Die da g(er)n trinckent wein
Den müeß got allzyt win bescher(e)n
und speiß da mit sie den leib erner(e)n
So will ich sein d(er) erst der anfancht
Und will dem trincken(n) wol ton sein recht
am(en)[3]

[1v]
Nu geseg(e)n dich got du edle /lyb\salb
Du ertzniest mich allenthalb
wan(n) du bist ain gesunder seroppel
Der kayser von constantinopel
Und auch der groß ka(e)m von kattau
Und priest(er) johan(n) die reich(e)n dry
Die möchten dein adel nit v(er)gelt(e)n
Warumb solt dan(n) ich dich schelt(e)n
Kain hochzyt ward nie sie so groß
Bistu nit daruff so ist sie ploß
an fräden(n) und an frölichait
gelopt sy de(r) stok d(er) dich trait
Man sagt vo(n) kiel(e)n prun(n)en(n) in dem mayen
wan man und frau(e)n där über rayen
kumstu nit dar mit vollen(n) flaschen(n)
So schlecht all fräd gantz in die äschen
Und wär der bäpst zuͦ tisch gesessen
Und sölt der kaiser mit im essen
Und hettin vor in tryssig richt
Noch wer eß alß zuͦ mal ver nicht
wan(n) du nit geg(e)nwärtig werst
Und wa du meine(r) hilf begerst
So müessen(n) dir dienen alle meine glider
Nu gesegen dich got und kom(m) schier h(e)rwider
amen(n)

[2r]
Nu grieß dich got du lieber trunck
Ich waß dir hold da ich waß junck
So will ich im alter nit von dir wychen(n)
Ich will dir tag und nacht nach schleich(e)n
Und wa du bist da bin ich g(er)n
wan(n) ich kan krusen und becher ler(e)n
Und auch wol schlüch(e)n uss dem glaß
Daß lernet ich wol da ich junck waß
Doch dunckt mich ich tuͤ im im alte(r) a/u\ch recht
All mein fraind hab(e)nt dich nie v(er)schmecht
Wan(n) du zuichst an dich alß de(r) magnet
Mange(r) zuͦ mittag zuͦ dir get
Der ka/u\m zuͦ mitter nacht |kömt| von dir
Daß soltu sich(er) gelaub(e)n mir
Und würffestu zech(e)n in dz ka/u\t nide(r)
So giengeß doch deß mo(r)g(e)nß g(er)n hin wider
Und suͦchend sölich lieb und früntschaft zuͦ dir
Sam du werist ir leyplich(er) pruͦder
All jud(e)n und haiden(n) und cristan die bitt(e)n
Daß got beschirmen(n) wöll und befriden(n)
Den stock der reb(e)n dar an du hangst
Wan(n) du allß lieplich vor mir prangst
wie möcht ich dir n(y)me(r) dz v(er)sag(e)n
Ich miesset dich giessen(n) in meinen krag(e)n
Amen


[2v]
Nu geseg(e)n dich got du all(e)r liepste(r) trost
Du hast mich oft vo(n) grossem durst e(r)löst
Und jagst mir all mein sorg hin weck
Und machst mir alle meine glider keck
Du machst mangen(n) betler fro
Der all nacht leyt uff dem stro
So machestu dantz(e)n münch und nun(n)en
Deß sie nit teten(n) trunck(e)n sie prun(n)en(n)
So machestu ma(n)gen(n) handwerckman
Daß er in ainem ze(r)rissen claid muͦß gan
Die allten puren in den dorffen(n)
Der hastu mang(e)n in dz ka/u\t geworffen
wan(n) sie sich nestelnd /an\ ain weinreb(e)n
Daß sie dir alleß vor got v(er)geb(e)n
und ich buit dir by bäpstlich(e)n pannen
Du syest by frau(e)n ode(r) by mannen
So kum(m) h(er) wide(r) zuͦ recht(e)n zyt(e)n
wan(n) ich den mu(n)d offt in die schwem muͦß ryt(e)n
amen

Nu grieß dich got du liebe(r) reb(e)n knecht
Du bist mir sume(r) und wint(er) gerecht
wan(n) du machst münch und pfaffen(n) gail
Daß sie offt ziech(e)nt an dem narren(n) sail
Du tröst die pur(e)n in wirckin kittel
Du tröst die kranck(e)n in dem spittel

Anmerkungen

  1. Transkriptionsrichtlinien: Abkürzungen werden in () aufgelöst; Nachträge werden gekennzeichnet (\von unten/, /von oben\, |von der Seite|); moderne Unterscheidung von u, v, w; Moderne Unterscheidung von i, j; Vereinheitlichung unterschiedlicher s-Formen zu s, Beibehaltung von ß; grundsätzliche Kleinschreibung, Großschreibung nur bei Versmarkierung beibehalten (und ggf. vereinheitlicht); Weglassen von Interpunktion; ggf. Einfügen von Zeilenumbrüchen bei Versgrenzen; ӱ → y; ë → e.
  2. Marginal rechts: Federzeichnung einer Hand, die einen Becher hält.
  3. Am Ende der Seite ist von anderer Hand angemerkt: "i e aliud" (wahrscheinlich um anzuzeigen, dass die Textreihe über die Seitengrenze weitergeht)