Wer kann allen recht tun? (B52)

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Wer kann alles Recht tun? (B52)

AutorIn Anon.
Entstehungszeit Um 1300
Entstehungsort
AuftraggeberIn
Überlieferung Gruppe 1:
Kassel, Universitätsbibliothek: Cod. 2° Ms. iurid. 25, 263r-263v
Straßburg, Stadtbibliothek: Cod. A 94, 19v-20v

Gruppe 2:

Karlsruhe, Landesbibliothek: Cod. Donaueschingen 104, 233r-234r
Karlsruhe, Landesbibliothek: Cod. Karlsruhe 408, 44v-45v
London, British Library: Ms. Add. 10010, 194r-195v
London, British Library: Ms. Add. 16581, 292r-296r

Gruppe 3:

Berlin, Staatsbibliothek: Mgf 488, 67v-70v
Leipzig, Universitätsbibliothek: Ms. Apel 8, 195v-198v
Prag, Knihovna Národního muzea: Cod. X A 12, 52v-55r
Dessau, Landesbücherei: Hs. Georg. 150.8°, 183v-188r

Eigenständige Fassung:

Heidelberg, Universitätsbibliothek: Cpg 393, 58r-60v
Ausgaben
Übersetzungen
Forschung Achnitz, Wolfgang: Wer kann allen recht tun?; Klingner, Jacob/Lieb, Ludger: Handbuch Minnereden, 93-95

Inhalt

A Einleitung (1–10):

Der Sprecher klagt, dass er von seiner Dame wegen seines ›Wandels‹ (Veränderlichkeit, Wechselhaftigkeit, Unstetigkeit) abgewiesen werde. Gerne wäre er vollkommen, aber Vollkommenheit gebe es leider selten auf der Welt.

B Hauptteil (11–135):

In einer langen Folge werden nun verschiedenste Eigenschaften von Männern aufgelistet, und zwar je als Paar von zwei Gegensätzen, die beide gleichermaßen von der Gesellschaft negativ bewertet würden. Die Weisheit werde einem ebenso zum Vorwurf gemacht wie die Dummheit, die Gottesgläubigkeit ebenso wie die Nachlässigkeit im Glauben, die ritterliche Betätigung ebenso wie die Sorge um das eigene Heim. Wer viel esse, werde ebenso gescholten wie der Mäßige, wer sich vom Krieg fern halte ebenso wie der, der diesen suche, der Sparsame wie der Freigiebige, wer singen könne ebenso wie der, der es nicht könne, der feurige ebenso wie der zurückhaltende Liebhaber. In einer anaphorischen Reihe gibt der Sprecher das abfällige Reden über die Reichen und die Armen, die Zurückhaltenden und die Vorwitzigen (58f.: Ist er ain zag so ist er blöd | Ist er frech so haist er tob), die Dünnen und die Dicken, die Kahlköpfigen und die Langhaarigen wieder. Große Augen würden einem ebenso wie kleine vorgehalten, kurze Nasen ebenso wie lange. Kurzgewachsene würden ebenso verspottet wie Großgewachsene, ein gerader Rücken werde kritisiert wie auch ein krummer. Haar- und Hautfarbe werden einem schlecht ausgelegt. Die einen seien zu heißblütig, die anderen zu kaltblütig usw. (erneute anaphorische Reihe 97–101). Desgleichen verhalte es sich mit einem großen und einem kleinen Mund, mit schöner und mit einfacher Kleidung, mit engen und weiten Schuhen, mit guter und mangelnder Pferdeausrüstung. Und ob einer heirate oder ehelos bleibe, stets werde schlecht über ihn geredet: Haimlich wirt vff in geclafft (135).

C Schluss (136–156):

Der Sprecher wendet sich an Frau Minne und bittet, dass sie ihm helfe, dass seine Geliebte seine Liebe erwidere und ihn wegen seiner vielen Schwächen (141: gebresten) nicht verschmähe. Denn es lebe keiner, ob jung oder alt, der gänzlich ohne Fehler sei; seine Dame alleine sei tadellos, bis auf den einen Umstand, dass sie ihm gegenüber zu hart sei. Ansonsten sei ihr Leib wie auch ihre Gesinnung vorbildlich, weswegen er ihr stets dienen wolle. Bitte um Gottes Segen.

(Klingner, Jacob/Lieb, Ludger: Handbuch Minnereden, S. 94f.)