Klage eines Liebenden I (B34)
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Klage eines Liebenden I (B34) | |
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| AutorIn | Anon. |
| Entstehungszeit | Überlieferung ab 1425 |
| Entstehungsort | |
| AuftraggeberIn | |
| Überlieferung | Heidelberg, Universitätsbibliothek: Cpg 313, 298r-303v Karlsruhe, Landesbibliothek: Hs. Donaueschingen 104, 103ra-105ra |
| Ausgaben | |
| Übersetzungen | |
| Forschung | Klingner, Jacob/Lieb, Ludger: Handbuch Minnereden, S. 58-60; Klingner, Jacob: Klage eines Liebenden I |
Inhalt
A Frauenpreis (1–48):
Der Sprecher bekräftigt, dass nichts schöner sei als der Anblick einer schönen Frau. Er rühmt die Geliebte in einem umgekehrten Körperlob: vom anmutigen Hals über Kinn, Wangen, Stimme und scharlachroten Mund bis zu den hermelinweißen Zähnen und sternhellen Augen. Ihre Tugend sei unaussprechlich; er ziehe sie jedem Vogel, jeder Blume und aller weltlichen Pracht vor.
B Erwägung des Liebesgeständnisses (49–107):
Sein Herz sei ständig bei der Geliebten, ohne dass sie es wisse. Mehrfach habe er ihr seine Liebe gestehen wollen, doch seine Mutlosigkeit habe ihn immer wieder zurückgehalten. Je mehr er sich abwenden wollte, desto stärker sei seine Liebe geworden, und jedes Schweigen habe ihn erneut verzagt gemacht. Da trete die personifizierte Hoffnung auf und ermutige ihn: Auch Iwein und Tristan hätten trotz schwerer Schuld die Liebe einer Frau gewonnen. Da er selbst niemandem Leid zugefügt habe, fühle er sich umso bestärkter, seiner Dame endlich sein Herz zu offenbaren.
C Liebesgeständnis (108–180):
Der Sprecher gesteht der Geliebten direkt, dass sie in seinem Herzen wohne – könnte man hineinschauen, sähe man sie darin. Er bittet um einen Gruß, der seinen Schmerz lindern möge. Da sie schweigt, will er ihr die „Klage seines Herzens“ offenbaren. Der Text setzt erneut mit einer Anrede ein: Er grüßt sie als das Paradies seines Herzens, bekennt seine bisher verschwiegene Liebe, klagt sein Leid und bittet um Erhörung und eine Antwort.
D Werbungsgespräch (181–304):
Nach einer kurzen narrativen Andeutung der Situation durch den Sprecher im Präsens (die Angesprochene antworte nicht, der Sprecher wolle daher sein Liebesgeständnis wiederholen; 186f.: Jch wil mich zu jr lencken | Vnd wil aber heben an), folgt 189–232 erneut eine direkte Anrede der Geliebte mit identischer Thematik: Er grüßt sie überschwänglich, preist ihre Vorzüge und bekennt, dass ihn das ›Band der Minne‹ (204) zum Dienst an ihr verpflichte. Er klagt sein Minneleid und bittet die Geliebte inständig um eine Antwort. Endlich antwortet die Geliebte: In direkter Rede, eingeleitet durch die Inquit-Formel: Sy sprach (233), gibt sie ihm eine deutliche Absage (234f.: Ich will dir jr nicht gunnen | Weder lützel noch vil) und bezeichnet sein Liebesgeständnis als narren spil (236), als öden claff (239) und als unverständliche Rede eines toren (246). Der Sprecher entgegnet (in direkter Rede, ebenfalls eingeleitet durch die Inquit-Formel 250: Sprach er [!]), man höre doch an den buchen lesen (249), dass Damen Gefallen an einem red gesellen (251) gefunden hätten. Er stellt fest, dass die Minne ein ›falscher Streit‹ (255) sei, wenn die Geliebte seine Rede verschmähe, obwohl er sie doch so ›hoch‹ ehre. (Der Verweis auf die Exempelfigur(en) Odelans fro Sabeck (258) ist unverständlich.) Es wäre ›Unminne‹ (264), wenn er die Auserwählte mit falscher Rede verlöre. Daher wolle er sie weiter vor allen Damen preisen, so wie man die Rose vor den Zeitlosen preise. Im Falle ihrer beständigen Lohnverweigerung tröste er sich – erneut legitimiert durch sein Buchwissen –, dass der menschliche Geist (sin) schon größere Dinge vollbracht habe, als die Geliebte zu freundlicher Rede zu bewegen. Es folgt (283–300) ein als Schulwissen gekennzeichneter (283f.) kosmologischer Vergleich, in dem der Sprecher die neun Himmelsphären und die Ordnung der sieben Planeten benennt und die Geliebte mit den alle anderen überstrahlenden Sternen des nünden himel (298) vergleicht.
E Schluss (305–332):
Der Sprecher klagt, dass die Geliebte sich ohne Antwort von ihm abgewandt habe. Zwar verknüpft er damit eine negative Bewertung der Frau (308f.: Von ir ist aller tugent hort | Nu ze mal entwichen), beklagt aber die Tatsache, nun bei der Frau ›abgeschrieben‹ zu sein (312: Dez bin ich laider schab ab), als ›strengen Orden‹ (314). Da die Frau seine Herzenssehnsucht nach einem freundlichen Gruß noch nicht gestillt habe, hofft der Sprecher dennoch auf den Tag der Erfüllung und den Sieg der Beständigkeit über die Differenzen (326: grosser vnderschait) zwischen ihm und der Geliebten.
(Klingner, Jacob/Lieb, Ludger: Handbuch Minnereden, S. 59f.)