Die unschuldige Mörderin (Heinrich Kaufringer): Unterschied zwischen den Versionen

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| namen              = Die Rache der betrogenen Frau; Die unschuldige Mörderin<!--Möglichst alle Bezeichnungen des Textes, die in der Forschung gebräuchlich waren bzw. sind, in alphabetischer Reihenfolge, abgertrennt mit ";"-->
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| autorin            = Heinrich Kaufringer<!--Autor oder Autorin bzw. "Anon."; falls in der Forschung ein/e AutorIn vermutet wird, dann nach AutorInnenname "?" und in () Verweis auf Forschungsquelle in [[Kurzzitationen]] (s. Bibliographie Forschung Kleinepik)-->
| autorin            = Heinrich Kaufringer<!--Autor oder Autorin bzw. "Anon."; falls in der Forschung ein/e AutorIn vermutet wird, dann nach AutorInnenname "?" und in () Verweis auf Forschungsquelle in [[Kurzzitationen]] (s. Bibliographie Forschung Kleinepik)-->
| entstehungszeit    = Spätes 14. Jhd. ([[Grubmüller: Novellistik]], S. 1285, 1270) <!--Entstehungszeit oder -zeitraum des Textes, mit anschließendem Verweis auf Quelle der Datierung in [[Kurzzitationen]] (s. Bibliographie Forschung Kleinepik)-->  
| entstehungszeit    = Spätes 14. Jhd. ([[Grubmüller, Klaus (Hg.): Novellistik des Mittelalters]], S. 1285, 1270) <!--Entstehungszeit oder -zeitraum des Textes, mit anschließendem Verweis auf Quelle der Datierung in [[Kurzzitationen]] (s. Bibliographie Forschung Kleinepik)-->  
| entstehungsort    = Landsberg am Lech ([[Grubmüller: Novellistik]], S. 1279, 1270) <!--Entstehungsort oder -raum des Textes, mit anschließendem Verweis auf Quelle der Verortung in [[Kurzzitationen]] (s. Bibliographie Forschung Kleinepik)-->  
| entstehungsort    = Landsberg am Lech ([[Grubmüller, Klaus (Hg.): Novellistik des Mittelalters]], S. 1279, 1270) <!--Entstehungsort oder -raum des Textes, mit anschließendem Verweis auf Quelle der Verortung in [[Kurzzitationen]] (s. Bibliographie Forschung Kleinepik)-->  
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| auftraggeberin    = <!--Auftraggeber oder Auftraggeberin, ggf. mit anschließendem Verweis auf Quelle in [[Kurzzitationen]] (s. Bibliographie Forschung Kleinepik), abgetrennt mit ";"-->
| überlieferung      = München, BSB: Cgm 270, 349v-363v [http://daten.digitale-sammlungen.de/~db/0005/bsb00052961/images/]<!--Möglichst gesamte Überlieferung in Handschriften und Drucken. Muster: Ort, Bibliothek: Signatur, abgetrennt mit "<br />"-->
| überlieferung      = München, BSB: Cgm 270, 349v-363v [http://daten.digitale-sammlungen.de/~db/0005/bsb00052961/images/]<!--Möglichst gesamte Überlieferung in Handschriften und Drucken. Muster: Ort, Bibliothek: Signatur, abgetrennt mit "<br />"-->
| ausgaben          = [[Grubmüller: Novellistik]], S. 798-839<!--Möglichst alle Ausgaben des Textes in [[Kurzzitationen]](s. Bibliographie Editionen Kleinepik), abgetrennt mit "<br />"-->
| ausgaben          = [[Sappler, Paul (Hg.): Heinrich Kaufringer. Werke]], Bd. 1, S. 154-173<br />[[Grubmüller, Klaus (Hg.): Novellistik des Mittelalters]], S. 798-839<!--Möglichst alle Ausgaben des Textes in [[Kurzzitationen]](s. Bibliographie Editionen Kleinepik), abgetrennt mit "<br />"-->
| übersetzungen      = [[Grubmüller: Novellistik]], S. 798-839; [[Spiewok: Decamerone]], S. 393-407; [[Spiewok: Liebespaar]], S. 192-206<!--Möglichst alle Übersetzungen des Textes in [[Kurzzitationen]](s. Bibliographie Editionen Kleinepik), abgetrennt mit "<br />"; notfalls Doppelungen mit Ausgaben-->
| übersetzungen      = [[Grubmüller, Klaus (Hg.): Novellistik des Mittelalters]], S. 798-839<br />[[Spiewok, Wolfgang (Hg.): Altdeutsches Decamerone]], S. 393-407<br />[[Spiewok, Wolfgang (Hg.): Das Liebespaar auf der Linde]], S. 192-206<!--Möglichst alle Übersetzungen des Textes in [[Kurzzitationen]](s. Bibliographie Editionen Kleinepik), abgetrennt mit "<br />"; notfalls Doppelungen mit Ausgaben-->
| forschung          = [[Wagner: Grenzbetrachtungen]]; [[von Müller: Komik]], S. 145-157<!--Forschungstexte zum Einzeltext (s. Bibliographie Forschung Kleinepik), ggf. mit Seitenangaben, abgetrennt mit ";"-->
| forschung          = [[Ehrismann, Otfried: Fabeln, Mären, Schwänke und Legenden im Mittelalter]], S. 70f.; [[Euling, Karl: Studien über Heinrich Kaufringer]], S. 87-91; [[Fischer, Hanns: Studien zur deutschen Märendichtung]], S. 68, 100,114, 148, 207; [[Grubmüller, Klaus: Die Ordnung, der Witz und das Chaos]], S. 176-179, 217; [[Heiles, Marco: Heinrich Kaufringer Bibliographie 1809–2018]]; [[Hoven, Heribert: Studien zur Erotik in der deutschen Märendichtung]], S. 182; [[Jurchen, Sylvia: Kaufringer]]; [[Połczyńska, Edyta: Der Erzähler in der Märendichtung des Mittelalters]], S. 22; [[Reichlin, Susanne: Ökonomien des Begehrens, Ökonomien des Erzählens]], S. 153, 187, 211; [[Rippl, Coralie: Erzählen als Argumentationsspiel]], S. 1, 34, 36-80, 142, 183, 191, 200, 205, 211, 248, 250, 254, 266, 269, 277f., 285, 287, 296, 300, 312, 319-326; [[Schallenberg, Andrea: Spiel mit Grenzen]], S. 31, 141, 144; [[Stede, Marga: Schreiben in der Krise]]; [[Von Müller, Mareike: Schwarze Komik]], S. 145-157; [[Wagner, Silvan: Grenzbetrachtungen]]; [[Ziegeler, Hans-Joachim: Erzählen im Spätmittelalter]], S. 233; [[Zotz, Nicola: Grauzonen]]<!--Forschungstexte zum Einzeltext (s. Bibliographie Forschung Kleinepik), ggf. mit Seitenangaben, abgetrennt mit ";"-->


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== Inhalt ==
Eine junge Gräfin soll mit dem benachbarten König verheiratet werden. In der Nacht vor der Hochzeit bleibt sie alleine, notdürftig bewacht lediglich von einem ''portner'' und einem ''wachter'', in der Burg zurück, während ihr Bruder samt Gefolge zur Vorbereitung der Hochzeitsfeierlichkeiten beim Bräutigam nächtigt. Von seinem bösen Knecht angestiftet, ergreift ein Ritter des Königs die Gelegenheit beim Schopfe und gibt sich im Dunkel der Nacht als der zukünftige Ehemann aus. In dieser Maske drängt er die Gräfin zu einer vorgezogenen Liebesnacht, wobei er sich allerdings durch eine unbedachte Bemerkung verrät. Als der 'König' daraufhin eingeschlafen ist, zündet die Frau Licht an und erkennt den Verrat. Kurzerhand holt sie ein Messer aus der Küche und schnedet dem Betrüger ''das haubet von dem pottich dan'' (279). Zur Beseitigung der Leiche ist sie nun auf die Hilfe des herbeigeholten ''portners'' angewiesen, der jedoch für seine Dienste verlangt, dass sie sich auch ihm hingebe. Es bleibt der Gräfin nichts anderes übrig, sie muss die nun schon zweite Vergewaltigung über sich ergehen lassen. Als sich dann aber der Torwächter im Hof über den Brunnenrand beugt, um die Ritterleiche darin zu versenken, schubst ihn die Gräfin mit in die Tiefe. Auf diese Weise hat sie vorerst alle Widersacher beseitigt. Der Rest der Nacht vergeht mit dem Waschen blutiger Bettlaken. In der Zwischenzeit wird der Diener des Ritters vom heimkehrenden Grafen im Burgwald aufgegriffen, wo er mit den beiden Pferden am Zügel immernoch vergebens auf die Rückkehr seines Herrn wartet. Weil er weder seine Anwesenheit noch die Herkunft des überzähligen Pferdes glaubwürdig erklären kann, wird er von der gräflichen Mannschaft als Pferdedieb aufgeknüpft. Zuhause erzählt der Graf seiner Schwester die kuriose Geschichte und sie kann sich im Stillen sehr wohl einen Reim darauf machen. Das Hin und Her zwischen Gräfin und Gegenspielern hat damit einen vorläufigen Ruhepunkt erreicht, doch schon droht der Dame mit der anstehenden Hochzeitsnacht die Entdeckung ihrer verlorenen Jungfräulichkeit. Glücklicherweise kann sie dem König im Dunkeln ihr Edelfräulein unterschieben, das sich für Gold und Silber überreden ließ, sie zu vertreten. Als der Gemahl eingeschlafen ist, will die Dame ihren Platz im Ehebett einnehmen, doch jetzt weigert sich die Kammerzofe, wieder zu tauschen. Sie hat Geschmack an ihrer neuen Rolle gefunden und will ''selber küngin sein'' (557). Die echte Königin muss erneut zu radikaleren Mitteln greifen: Als das Fräulein ebenfalls eingeschlafen ist, legt sie Feuer im Schlafgemach, zieht sich nackt aus, weckt ihren Ehemann und flieht mit ihm aus dem brennenden Zimmer, dessen Tür sie vorsorglich verriegelt. Die Zofe verbrennt ''ze pulver schon'' (613). Nach 32 glücklichen Ehejahren wird die Dame eines Tages von Reue überwältigt ob all ihrer begangenen Morde und sie beichtet die ganze Geschichte dem König. Dieser ist sofort bereit, ihr zu verzeihen, da sie für ihn so viel durchlitten habe. Der Erzähler schließt sich in seinem Epilog dem Urteil des ''edel küng'' (703) an und betont noch einmal, dass die Königin unschuldig und allen Bösewichten ''recht geschehen'' (739) sei.
([[Rippl, Coralie: Erzählen als Argumentationsspiel]], S. 36f.)
[[Kategorie:Quelle Märe/Versnovelle]]
[[Kategorie:Quelle Schwank]]

Aktuelle Version vom 17. Juni 2024, 07:52 Uhr

Die Rache der betrogenen Frau; Die unschuldige Mörderin

AutorIn Heinrich Kaufringer
Entstehungszeit Spätes 14. Jhd. (Grubmüller, Klaus (Hg.): Novellistik des Mittelalters, S. 1285, 1270)
Entstehungsort Landsberg am Lech (Grubmüller, Klaus (Hg.): Novellistik des Mittelalters, S. 1279, 1270)
AuftraggeberIn
Überlieferung München, BSB: Cgm 270, 349v-363v [1]
Ausgaben Sappler, Paul (Hg.): Heinrich Kaufringer. Werke, Bd. 1, S. 154-173
Grubmüller, Klaus (Hg.): Novellistik des Mittelalters, S. 798-839
Übersetzungen Grubmüller, Klaus (Hg.): Novellistik des Mittelalters, S. 798-839
Spiewok, Wolfgang (Hg.): Altdeutsches Decamerone, S. 393-407
Spiewok, Wolfgang (Hg.): Das Liebespaar auf der Linde, S. 192-206
Forschung Ehrismann, Otfried: Fabeln, Mären, Schwänke und Legenden im Mittelalter, S. 70f.; Euling, Karl: Studien über Heinrich Kaufringer, S. 87-91; Fischer, Hanns: Studien zur deutschen Märendichtung, S. 68, 100,114, 148, 207; Grubmüller, Klaus: Die Ordnung, der Witz und das Chaos, S. 176-179, 217; Heiles, Marco: Heinrich Kaufringer Bibliographie 1809–2018; Hoven, Heribert: Studien zur Erotik in der deutschen Märendichtung, S. 182; Jurchen, Sylvia: Kaufringer; Połczyńska, Edyta: Der Erzähler in der Märendichtung des Mittelalters, S. 22; Reichlin, Susanne: Ökonomien des Begehrens, Ökonomien des Erzählens, S. 153, 187, 211; Rippl, Coralie: Erzählen als Argumentationsspiel, S. 1, 34, 36-80, 142, 183, 191, 200, 205, 211, 248, 250, 254, 266, 269, 277f., 285, 287, 296, 300, 312, 319-326; Schallenberg, Andrea: Spiel mit Grenzen, S. 31, 141, 144; Stede, Marga: Schreiben in der Krise; Von Müller, Mareike: Schwarze Komik, S. 145-157; Wagner, Silvan: Grenzbetrachtungen; Ziegeler, Hans-Joachim: Erzählen im Spätmittelalter, S. 233; Zotz, Nicola: Grauzonen

Inhalt

Eine junge Gräfin soll mit dem benachbarten König verheiratet werden. In der Nacht vor der Hochzeit bleibt sie alleine, notdürftig bewacht lediglich von einem portner und einem wachter, in der Burg zurück, während ihr Bruder samt Gefolge zur Vorbereitung der Hochzeitsfeierlichkeiten beim Bräutigam nächtigt. Von seinem bösen Knecht angestiftet, ergreift ein Ritter des Königs die Gelegenheit beim Schopfe und gibt sich im Dunkel der Nacht als der zukünftige Ehemann aus. In dieser Maske drängt er die Gräfin zu einer vorgezogenen Liebesnacht, wobei er sich allerdings durch eine unbedachte Bemerkung verrät. Als der 'König' daraufhin eingeschlafen ist, zündet die Frau Licht an und erkennt den Verrat. Kurzerhand holt sie ein Messer aus der Küche und schnedet dem Betrüger das haubet von dem pottich dan (279). Zur Beseitigung der Leiche ist sie nun auf die Hilfe des herbeigeholten portners angewiesen, der jedoch für seine Dienste verlangt, dass sie sich auch ihm hingebe. Es bleibt der Gräfin nichts anderes übrig, sie muss die nun schon zweite Vergewaltigung über sich ergehen lassen. Als sich dann aber der Torwächter im Hof über den Brunnenrand beugt, um die Ritterleiche darin zu versenken, schubst ihn die Gräfin mit in die Tiefe. Auf diese Weise hat sie vorerst alle Widersacher beseitigt. Der Rest der Nacht vergeht mit dem Waschen blutiger Bettlaken. In der Zwischenzeit wird der Diener des Ritters vom heimkehrenden Grafen im Burgwald aufgegriffen, wo er mit den beiden Pferden am Zügel immernoch vergebens auf die Rückkehr seines Herrn wartet. Weil er weder seine Anwesenheit noch die Herkunft des überzähligen Pferdes glaubwürdig erklären kann, wird er von der gräflichen Mannschaft als Pferdedieb aufgeknüpft. Zuhause erzählt der Graf seiner Schwester die kuriose Geschichte und sie kann sich im Stillen sehr wohl einen Reim darauf machen. Das Hin und Her zwischen Gräfin und Gegenspielern hat damit einen vorläufigen Ruhepunkt erreicht, doch schon droht der Dame mit der anstehenden Hochzeitsnacht die Entdeckung ihrer verlorenen Jungfräulichkeit. Glücklicherweise kann sie dem König im Dunkeln ihr Edelfräulein unterschieben, das sich für Gold und Silber überreden ließ, sie zu vertreten. Als der Gemahl eingeschlafen ist, will die Dame ihren Platz im Ehebett einnehmen, doch jetzt weigert sich die Kammerzofe, wieder zu tauschen. Sie hat Geschmack an ihrer neuen Rolle gefunden und will selber küngin sein (557). Die echte Königin muss erneut zu radikaleren Mitteln greifen: Als das Fräulein ebenfalls eingeschlafen ist, legt sie Feuer im Schlafgemach, zieht sich nackt aus, weckt ihren Ehemann und flieht mit ihm aus dem brennenden Zimmer, dessen Tür sie vorsorglich verriegelt. Die Zofe verbrennt ze pulver schon (613). Nach 32 glücklichen Ehejahren wird die Dame eines Tages von Reue überwältigt ob all ihrer begangenen Morde und sie beichtet die ganze Geschichte dem König. Dieser ist sofort bereit, ihr zu verzeihen, da sie für ihn so viel durchlitten habe. Der Erzähler schließt sich in seinem Epilog dem Urteil des edel küng (703) an und betont noch einmal, dass die Königin unschuldig und allen Bösewichten recht geschehen (739) sei.

(Rippl, Coralie: Erzählen als Argumentationsspiel, S. 36f.)