Urkunde der Minne (B14): Unterschied zwischen den Versionen

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==Inhalt==
Der Text gibt sich in Aufbau und Rechtsterminologie als Privaturkunde in subjektiver Fassung. Selbstbezeichnungen im Text sind: ''brieff'' (5, 28, 167); ''hantvest'' (156);
''vrchunt'' (159), ''charta'' (166). Daher werden im Folgenden die gängigen Fachtermini
der Urkundenbeschreibung gebraucht.
===A Protokoll (1): ===
Der Sprecher nennt sich in einer einfachen ›Intitulatio‹ ''diener miner vrowen.''
===B Kontext (2–148): ===
Der Sprecher bekräftigt in einer ausführlichen ›Dispositio‹
seine Rechtsfähigkeit (3: ''vnbetoe
ret''; 16f.: ''Von aigens willens ler ermant | Vnbekraenkt vnd vnbetwungen'') und bestätigt, dass er sich vollständig (mit Körper, Herz, Sinnen,
Tätigkeiten, Absichten) seiner Herrin und Geliebten zu eigen gibt. Von seinem eigenen Willen soll nun die Dame Gebrauch machen. Er unterstellt ihr auch alle seine
Glieder – in besonderer Weise seine Zunge, die (48: ''als ain vlizzig smid'') von ihrer
Ehre, Vollkommenheit und Schönheit singen und sagen soll. Mit den Rechten an der
eigenen Person gibt er auch seinen Eigennamen auf (56: er will fortan nur ''jr knecht''
heißen). Eine Rückgabe der Schenkung durch die Frau soll ausgeschlossen sein, bis zu
seinem Tode will er dem ›Stab ihrer Gnade‹ (80) untergeben sein, lediglich ein ›kleines Lehen‹ (84) soll er von ihr empfangen dürfen. Ausgeschlossen sein soll auch, dass
die Dame ihn weitergibt oder verleiht, wobei der Sprecher allerdings dem Willen der
Dame letztlich Folge leisten würde. Es folgt die ›Corroboratio‹, in der der Sprecher
auf sein Siegel und drei Zeuginnen hinweist: ›Frau Minne‹, ›Frau Treue‹ und ›Frau
Staete‹. Die drei haben ihm zur Schenkung geraten und sollen nun auch an der Erfüllung mitwirken: Frau Minne soll sein Herz erfüllen und jede andere Beziehung
(zu Frauen oder Männern) verhindern. Frau Treue und Frau Staete sollen die Einhaltung seiner Übereignung überwachen und ihn im Übertretungsfall als meineidig
anprangern (›Sanctio‹). Die drei Zeuginnen sprechen dann selbst, vertreten durch
Frau Minne (149–166): Sie verweist auf ihre Zeuginnenschaft und ihr Siegel und
bekräftigt den Wortlaut der Urkunde. Die Rede von Frau Minne scheint den ganzen
Text bis zum Ende zu umfassen.
===C Eschatokoll (167–180):===
Datierung auf 1371 (Inkarnationsjahr im Nativitätsstil
angegeben), in diesem Jahr sei das Gras violett gewesen und der ›rote Mund‹ habe
– wie ein verwundetes Tier – den Schnee rot gefärbt. Einer zweizeiligen Bitte für den
Sprecher (›Appreciatio‹) folgt eine Schlussformel (›Completio‹).
([[Klingner, Jacob/Lieb, Ludger: Handbuch Minnereden]], S. 18f.)


[[Kategorie:Quelle Minnerede]]
[[Kategorie:Quelle Minnerede]]

Aktuelle Version vom 3. August 2021, 07:42 Uhr

Urkunde der Minne (B14)

AutorIn Anon.
Entstehungszeit Überlieferung um 1433; Datum im Text: 1371
Entstehungsort
AuftraggeberIn
Überlieferung Karlsruhe, Landesbibliothek: Cod. Donaueschingen 104
Ausgaben
Übersetzungen
Forschung Klingner, Jacob: Urkunde der Minne; Klingner, Jacob/Lieb, Ludger: Handbuch Minnereden, S. 18f.; Mihm, Arend: Überlieferung und Verbreitung der Märendichtung im Spätmittelalter, S. 80

Inhalt

Der Text gibt sich in Aufbau und Rechtsterminologie als Privaturkunde in subjektiver Fassung. Selbstbezeichnungen im Text sind: brieff (5, 28, 167); hantvest (156); vrchunt (159), charta (166). Daher werden im Folgenden die gängigen Fachtermini der Urkundenbeschreibung gebraucht.

A Protokoll (1):

Der Sprecher nennt sich in einer einfachen ›Intitulatio‹ diener miner vrowen.

B Kontext (2–148):

Der Sprecher bekräftigt in einer ausführlichen ›Dispositio‹  seine Rechtsfähigkeit (3: vnbetoe ret; 16f.: Von aigens willens ler ermant | Vnbekraenkt vnd vnbetwungen) und bestätigt, dass er sich vollständig (mit Körper, Herz, Sinnen, Tätigkeiten, Absichten) seiner Herrin und Geliebten zu eigen gibt. Von seinem eigenen Willen soll nun die Dame Gebrauch machen. Er unterstellt ihr auch alle seine Glieder – in besonderer Weise seine Zunge, die (48: als ain vlizzig smid) von ihrer Ehre, Vollkommenheit und Schönheit singen und sagen soll. Mit den Rechten an der eigenen Person gibt er auch seinen Eigennamen auf (56: er will fortan nur jr knecht heißen). Eine Rückgabe der Schenkung durch die Frau soll ausgeschlossen sein, bis zu seinem Tode will er dem ›Stab ihrer Gnade‹ (80) untergeben sein, lediglich ein ›kleines Lehen‹ (84) soll er von ihr empfangen dürfen. Ausgeschlossen sein soll auch, dass die Dame ihn weitergibt oder verleiht, wobei der Sprecher allerdings dem Willen der Dame letztlich Folge leisten würde. Es folgt die ›Corroboratio‹, in der der Sprecher auf sein Siegel und drei Zeuginnen hinweist: ›Frau Minne‹, ›Frau Treue‹ und ›Frau Staete‹. Die drei haben ihm zur Schenkung geraten und sollen nun auch an der Erfüllung mitwirken: Frau Minne soll sein Herz erfüllen und jede andere Beziehung (zu Frauen oder Männern) verhindern. Frau Treue und Frau Staete sollen die Einhaltung seiner Übereignung überwachen und ihn im Übertretungsfall als meineidig anprangern (›Sanctio‹). Die drei Zeuginnen sprechen dann selbst, vertreten durch Frau Minne (149–166): Sie verweist auf ihre Zeuginnenschaft und ihr Siegel und bekräftigt den Wortlaut der Urkunde. Die Rede von Frau Minne scheint den ganzen Text bis zum Ende zu umfassen.

C Eschatokoll (167–180):

Datierung auf 1371 (Inkarnationsjahr im Nativitätsstil angegeben), in diesem Jahr sei das Gras violett gewesen und der ›rote Mund‹ habe – wie ein verwundetes Tier – den Schnee rot gefärbt. Einer zweizeiligen Bitte für den Sprecher (›Appreciatio‹) folgt eine Schlussformel (›Completio‹).

(Klingner, Jacob/Lieb, Ludger: Handbuch Minnereden, S. 18f.)