Der nackte Bote (Der Stricker): Unterschied zwischen den Versionen

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==Inhalt==
===Narratio===
Ein Herr will auf einer Reise bei einem seiner Lehnsleute die Nacht zubringen
und schickt einen Knappen voraus, der seine Ankunft melden soll. Im Hofe des
Lehnsmanns fragt der Bote ein Kind, wo der Hausherr zu finden sei, und wird
in die Badestube gewiesen. Der Knappe wähnt ihn dort beim Baden und entkleidet
sich, um bei dieser Gelegenheit gleich selbst ein Bad zu nehmen. Als
er eben die Badestube betreten will, wird er vom Hofhund angefallen und muss
sich mit einem Badewedel wehren, was dazu führt, dass er Kehrseite voran zur
Tür hereinkommt. In der Badestube, die zu jener herbstlichen Jahreszeit als
Aufenthaltsraum der ganzen Familie benutzt wird, sitzt der Hausherr mit den
Frauen, und diese sind zutiefst erschrocken und beschämt, als sie den nackten
Eindringling erblicken. Der Knappe dreht sich um, erkennt entsetzt, was er
angerichtet hat und ergreift kopflos die Flucht. Der Hausherr, der sich entehrt
fühlt, verfolgt ihn. Unterwegs trifft er auf den Lehnsherrn, berichtet ihm den
schändlichen Vorfall und verlangt die Bestrafung des Knappen. Der Herr fängt seinen Knappen ein und will ihn verstümmeln. Doch dieser kann in höchster
Not das Missverständnis erklären und erlangt die Verzeihung des Beleidigten.
===Epimythion===
Wer dem Schein traut, verfällt leicht in einen Irrtum.


([[Fischer, Hanns: Studien zur deutschen Märendichtung]], S. 522-523)
[[Kategorie:Quelle Märe/Versnovelle]]
[[Kategorie:Quelle Märe/Versnovelle]]
[[Kategorie:Quelle Schwank]]
[[Kategorie:Quelle Schwank]]

Version vom 23. September 2020, 18:26 Uhr

Der nackte Bote

AutorIn Der Stricker
Entstehungszeit ca. 1220-1250 (Malm, Mike: Der Stricker, S. 369)
Entstehungsort Ostfränkisch/Rheinfränkisch, Österreich? (Malm, Mike: Der Stricker, S. 369)
AuftraggeberIn
Überlieferung Wien ÖNB: Cod. 2705, 65rb-66va [1]
Heidelberg, UB: Cpg 341, 316va-318ra [2]
Genève-Cologny, Bibliotheca Bodmeriana: Cod. Bodmer 72, 318rb-319vb [3]
München, UB: 2° Cod. ms. 731, 89ra-90vb [4]
Wien, ÖNB. Cod. 2885, 129rb-131rb [5]
Innsbruck, Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum: Hs. FB 32001, 63va-64vb
Wien, ÖNB: Cod. 2670, 61ra-62ra
Ausgaben Fischer, Hanns (Hg.): Der Stricker. Verserzählungen I, S. 110-126
Moelleken, Wolfgang Wilfried (Hg.): Die Kleindichtung des Strickers, Band 3,2, S. 274-288
Rosenhagen, Gustav (Hg.): Mären von dem Stricker, S. 58-76
Von der Hagen, Friedrich Heinrich (Hg.): Gesamtabenteuer, Band 3, S. 137-143
Übersetzungen Fischer, Hanns (Hg.): Die schönsten Schwankerzählungen des deutschen Mittelalters, S. 274-278
Spiewok, Wolfgang (Hg.): Altdeutsches Decamerone, S. 34-38
Forschung Fischer, Hanns: Studien zur deutschen Märendichtung; S. 65, 98, 102, 249, 269, 278; Nowakowski, Nina: Sprechen und Erzählen beim Stricker, S. 27; Nowakowski, Nina: Vom Kasus zum Lapsus

Inhalt

Narratio

Ein Herr will auf einer Reise bei einem seiner Lehnsleute die Nacht zubringen und schickt einen Knappen voraus, der seine Ankunft melden soll. Im Hofe des Lehnsmanns fragt der Bote ein Kind, wo der Hausherr zu finden sei, und wird in die Badestube gewiesen. Der Knappe wähnt ihn dort beim Baden und entkleidet sich, um bei dieser Gelegenheit gleich selbst ein Bad zu nehmen. Als er eben die Badestube betreten will, wird er vom Hofhund angefallen und muss sich mit einem Badewedel wehren, was dazu führt, dass er Kehrseite voran zur Tür hereinkommt. In der Badestube, die zu jener herbstlichen Jahreszeit als Aufenthaltsraum der ganzen Familie benutzt wird, sitzt der Hausherr mit den Frauen, und diese sind zutiefst erschrocken und beschämt, als sie den nackten Eindringling erblicken. Der Knappe dreht sich um, erkennt entsetzt, was er angerichtet hat und ergreift kopflos die Flucht. Der Hausherr, der sich entehrt fühlt, verfolgt ihn. Unterwegs trifft er auf den Lehnsherrn, berichtet ihm den schändlichen Vorfall und verlangt die Bestrafung des Knappen. Der Herr fängt seinen Knappen ein und will ihn verstümmeln. Doch dieser kann in höchster Not das Missverständnis erklären und erlangt die Verzeihung des Beleidigten.

Epimythion

Wer dem Schein traut, verfällt leicht in einen Irrtum.

(Fischer, Hanns: Studien zur deutschen Märendichtung, S. 522-523)