Das Kerbelkraut: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 2. Juli 2021, 08:51 Uhr
Inhalt
Promythion
Eine listige Frau ist imstande, ihren Mann, der sie beim Ehebruch beobachtet hat, glauben zu machen, er habe sich geirrt.
Narratio
Ein Mann sieht einen Liebhaber von seiner Frau gehen und verbleut sie trotz ihrer Unschuldsbeteuerungen so sehr, daß sie vier Tage das Bett hüten muß. Da sucht sie eine alte Kupplerin auf, die ihr raten soll, wie sie sich künftig vor solcher Züchtigung schützen könne. Die Alte erkundigt sich, ob sie kürzlich etwas Seltenes gegessen habe, und sie bejaht; es sei Kerbelkraut gewesen. Als sie nach Hause kommt, bricht sie einen Streit vom Zaun, indem sie ihren Mann bezichtigt, einer Straßendirne schöne Augen gemacht zu haben. Zornig verläßt der Mann das Haus und trifft auf die Kupplerin, die ihn begrüßt und behauptet, er habe zwei Nasen und vier Füße. Als er sie auslacht, entschuldigt sie sich: das Kerbelkraut, das sie gegessen habe, müsse die Ursache dafür sein, daß sie alles doppelt sehe. Wieder zu Hause, fragt der Mann seine Frau, was sie denn damals gegessen hätten, als er sie wegen des Buhlers im Haus verprügelt habe. Wie mit der Alten verabredet, nennt sie ihm das Kerbelkraut. Da glaubt auch er, der geschilderten Wirkung dieses Krautes erlegen zu sein, und bittet seine Frau um Vergebung.
Epimythion
So werden alle Männer von ihren Frauen getäuscht. Frauen zu beaufsichtigen ist nutzlos.
(Fischer, Hanns: Studien zur deutschen Märendichtung, S. 487)