Die Schnecke und die Krähe

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Die Schnecke und die Krähe

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Überlieferung
Ausgaben
Übersetzungen
Forschung Ziegeler, Hans-Joachim: Erzählen im Spätmittelalter, S. 99 A. 8, 125-127, 152, 157, 479

Inhalt

Narratio

Eine Schnecke will, anders als es ihr zukommt, höher hinaus als ihr Geschlecht; deswegen handelt sie im Unrecht. Sie gedenkt, die Dienste einer Krähe zu beanspruchen, damit diese sie fliegen lehre. Die Krähe stimmt zu, nimmt die Schnecke mit den Füßen und steigt hoch in die Luft. Als sie hoch genug ist, lässt die Krähe sie herunterfallen auf den Boden. Dadurch wird die bewusstlos, weil sie ganz zerschellt ist. Dieselbe Krähe frisst die Schnecke.

Epimythion

Das ist ein gutes Gleichnis für den Hochmütigen, der nicht erkennen will, welche Grenzen sein Geschlecht hat. Man sieht auch daran, dass niemand aus einer Weide Weinreben gezogen hat. Kein Winzer ist so gut, über was für Künste er auch verfügt, die Brennnesseln anzubauen und sie Weintrauben tragen zu lassen. Ebenso solle die Schnecke auf der Erde kriechen. Wer so denkt wie sie, der ist dumm und wird im Fluge krumm. - Nun habe ich euch gezeigt, was man für die Welt daraus an Erkenntnis gewinnen kann, jetzt seht auch auf die göttliche Seite der Erzählung. Die Krähe bezeichnet den Teufel. Ihr sollt es erkennen an einem Magier namens Simon, den der Teufel in den Himmel schleppen wollte und der um so tiefer hinabfiel; ihn fällte Gottes Schlag, so dass er in vier Stücken auf der Erde lag und St. Peter sprach: "Dieser ist wahrhaft tot." - Alle, die seine [= des Teufels] Werke begehen und deswegen die Aussicht haben, zu ihrem großen Unheil dem Teufel anheimzufallen, sind wie die Schnecke, die die Krähe in ihren Krallen in die Lüfte führt.

(Ziegeler, Hans-Joachim: Erzählen im Spätmittelalter, S. 479)