Virgils Zauberbild
Inhalt
Narratio
Meister Virgilius hat zu Rom eine mit Zauberkräften begabte Figur geschaffen, die Meineidigen bei der Wahrheitsprobe zwei Finger abbeißt; außerdem bewirkt sie, daß betrogenen Ehemännern auf der Stirne ein Horn wächst. Als eines Tages das ominöse Horn auf der Stirn des Kaisers Julius erscheint, zwingt er seine Frau, sich der Wahrheitsprobe zu unterziehen. Diese jedoch verabredet mit ihrem Liebhaber eine List: Er verkleidet sich als Narr, fällt die Kaiserin an, als sie das Gericht betritt, umarmt sie und wirft sie zu Boden. Vor dem Zauberbild schwört die Kaiserin anschließend, daß sie kein anderer Mann je berührt habe als der Kaiser und jener Narr. Da ihre Finger unversehrt bleiben und dein Kaiser das Horn abfällt, steht sie vor allen gerechtfertigt da.
Epimythion
Gäbe es noch ein solches Zauberbild, dann liefen viele mit verstümmelten Fingern herum. Jeder Mensch soll sich so halten, daß er vor Gottes Gericht bestehen kann.
(Fischer, Hanns: Studien zur deutschen Märendichtung, S. 531)