Minneklage (B25): Unterschied zwischen den Versionen

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==Inhalt==
==Inhalt==
===A Klage (1–99):===
===A Publikumsapostrophe (1–6):===
Der Sprecher beklagt sein ständig sich vermehrendes,  
In zweifacher
ihn überallhin verfolgendes Unglück und seine Lebensunlust, die die Trennung von
Publikumsapostrophe (1: ''frowen vnde man''; 3: ''ivnge vnde alt'') bittet der Sprecher um
der Geliebten ausgelöst habe. Seine Situation beschreibt er auch in Vergleichen: Sein
Aufmerksamkeit für seinen ''kvmber'' (5).
Herz sinke wie Blei oder Steine; es sei wie ein blühender Zweig eines unfruchtbaren
===B Minneklage (7–23):===
Baumes, dessen Blüten verdorren müssten, ohne Frucht zu bringen; der Regen des
Der Sprecher bekennt, sich völlig seiner Geliebten ergeben zu
Jammers bringe ihm den Tod; sein Herz ›krache laut‹ (50f.) wie dürres Reisig. In
haben. Er traue sich aber nicht, irgendjemandem den Grund für seine Traurigkeit zu
wiederholten Klagerufen (54, 60, 66, 78: ''Obe'') wünscht er sich einen raschen Tod
offenbaren. Der Sprecher beschreibt sich selbst als ''getailet'' (15): Die Dame habe sein
(Apostrophe 66: ''obe, tod, wärest du''), der besser sei als sein gegenwärtiges Leiden. Alle
Herz und seinen Verstand an sich gefesselt, ihm bliebe ein ''sinnelose(r) lip'' (19).
Freude und Hochstimmung seien ausgelöscht wie eine mit Wasser begossene Kohle.  
===C Baumgleichnis (24–58):===
Sein Herz sei versteinert. Besonders schmerzhaft sei es zu sehen, wie sich seine Umgebung amüsiere, aber niemand tröstende Worte für ihn habe. In einem Vogelkäfig
Als lehrhaftes Exempel (24: ''Und nement hie bi lere''), für
(Pr2 ''pavr / Be3 boer /'' Lg4 ''poer = bûr?'') wäre es ihm besser ergangen als in der Trennung.
das er einen ungenannten ''maister'' als Autorität angibt (26, 32), führt der Sprecher
Abgemildert werde seine Klage dadurch, dass es der Geliebten gut gehe. Die Klage
einen Baum an: Versehre man diesen oben (an den Ästen), so verdorre er und bringe keine Früchte mehr. Beschneide man ihn dagegen kräftiger und professionell, so
aber werde ewig bestehen, da er alle Hoffnung aufgegeben habe. Er sei ein Verworfener. Schuld sei die Natürlich lieb (96), deren Macht Liebe in Leid verwandelt habe.
treibe er wieder aus. Er legt dieses Bild auf sich aus: Seine Dame habe ihm Herz und
===B Schluss (99–110):===
Verstand versehrt. Nun brauche sie ihm nur noch den ''iamer'' (42) kappen, dann könne er fröhlich und kraftvoll aufblühen. Andernfalls aber müsse er verdorren.
Der Sprecher schließt mit einem Segenswunsch für die Geliebte.
===D Bitte um Fürsprache (59–64):===
Er versichert, die Damen immer zu loben, da sie die Freude der Männer zum blühen
Der Sprecher bittet die Zuhörer, für ihn bei der über
brächten – nur sei einzig seine Freude verdorrt. In einer Publikumsapostrophe bittet
ihn herrschenden Dame Fürsprecher zu sein. Der Text schließt mit: ''numquam amen''  
er die edlen jungen Frauen und Damen, für ihn zu beten, damit sein Leid ein Ende
(65; ›niemals soll es so sein‹ oder ›niemals Amen‹?)
habe (Lesung nach Be3/Lg4 ''mir zergee'' statt Pr2 ''mir ergee'').


([[Klingner, Jacob/Lieb, Ludger: Handbuch Minnereden]], Band 1, S. 38f.)
([[Klingner, Jacob/Lieb, Ludger: Handbuch Minnereden]], Band 1, S. 37)





Aktuelle Version vom 16. August 2021, 17:17 Uhr

Minneklage (B25)

AutorIn Anon. (Johann von Konstanz?)
Entstehungszeit Erstes Viertel 14. Jhd.
Entstehungsort
AuftraggeberIn
Überlieferung Stuttgart, Landesbibliothek: HB XIII I, S: 304f.
Ausgaben
Übersetzungen
Forschung Klingner, Jacob: Minneklage; Klingner, Jacob/Lieb, Ludger: Handbuch Minnereden, Band 1, S. 36f.

Inhalt

A Publikumsapostrophe (1–6):

In zweifacher Publikumsapostrophe (1: frowen vnde man; 3: ivnge vnde alt) bittet der Sprecher um Aufmerksamkeit für seinen kvmber (5).

B Minneklage (7–23):

Der Sprecher bekennt, sich völlig seiner Geliebten ergeben zu haben. Er traue sich aber nicht, irgendjemandem den Grund für seine Traurigkeit zu offenbaren. Der Sprecher beschreibt sich selbst als getailet (15): Die Dame habe sein Herz und seinen Verstand an sich gefesselt, ihm bliebe ein sinnelose(r) lip (19).

C Baumgleichnis (24–58):

Als lehrhaftes Exempel (24: Und nement hie bi lere), für das er einen ungenannten maister als Autorität angibt (26, 32), führt der Sprecher einen Baum an: Versehre man diesen oben (an den Ästen), so verdorre er und bringe keine Früchte mehr. Beschneide man ihn dagegen kräftiger und professionell, so treibe er wieder aus. Er legt dieses Bild auf sich aus: Seine Dame habe ihm Herz und Verstand versehrt. Nun brauche sie ihm nur noch den iamer (42) kappen, dann könne er fröhlich und kraftvoll aufblühen. Andernfalls aber müsse er verdorren.

D Bitte um Fürsprache (59–64):

Der Sprecher bittet die Zuhörer, für ihn bei der über ihn herrschenden Dame Fürsprecher zu sein. Der Text schließt mit: numquam amen (65; ›niemals soll es so sein‹ oder ›niemals Amen‹?)

(Klingner, Jacob/Lieb, Ludger: Handbuch Minnereden, Band 1, S. 37)