Das gebratene Ei
Das gebratene Ei; The roasted egg | |
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AutorIn | Anon. |
Entstehungszeit | |
Entstehungsort | |
AuftraggeberIn | |
Überlieferung | Wien, ÖNB. Cod. 2885, 150d-151a [1] Heidelberg, Privatsammlung Eis: Hs. 3 München, UB: 2° Cod. ms. 731 (Cim. 4), Bl. 76rb-76vb [2] London, British Library: Add MS 24946, 62r-63r |
Ausgaben | Pfeiffer, Franz (Hg.): Mittelhochdeutsche Bispel herausgegeben von Franz Pfeiffer, S. 52-54 Pfeiffer, Franz: Altdeutsche Beispiele, S. 368-370 Ridder, Klaus/Ziegeler, Hans-Joachim (Hg.): Deutsche Versnovellistik des 13. bis 15. Jahrhunderts, Band 1/1, S. 35-39 |
Übersetzungen | Ridder, Klaus/Ziegeler, Hans-Joachim (Hg.): Deutsche Versnovellistik des 13. bis 15. Jahrhunderts, Band 5, S. 9 |
Forschung | Mihm, Arend: Überlieferung und Verbreitung der Märendichtung im Spätmittelalter, S. 105; Ziegeler, Hans-Joachim: Erzählen im Spätmittelalter, S. 99 A. 8, 135, 137-139, 143, 152-154, 468 |
Inhalt
Narratio
Der Dichter berichtet, er habe etwas Komisches beobachtet. Ein unerfahrenes (unberâten, 4) Kind habe gern ein gebratenes Ei von einem Feuer nehmen wollen. Da ihm niemand das Ei gibt, will es das Ei stehlen. verhält sich aber dabei eben wie ein Kind ohne Verstand: Es schließt die Augen und glaubt, auf diese Weise nicht gesehen zu werden. Dabei greift es ins Feuer und verbrennt sich; so kann jeder gut sehen, dass es ein Dieb ist.
Epimythion
So muss es allen gehen, die verstandesblind sich um ihnen nicht zustehende Dinge kümmern. - So handeln z.B. die dreißigjährigen Kinder, die blind vor Liebe den Frauen dienen. Statt den anderen die Augen zu schließen, drücken sie sie selbst zu und glauben, die, die bei ihnen sind, sähen nichts. Wie ein blinder Dieb schaut er die Dame an und wehrt sich nicht gegen die anderen. Er verbrennt sich beim [Liebes-]Schwur Mund und Augen und zeigt, was mit ihm geschehen ist. Er kann nicht mehr bedenken, dass die Menschen weder so dumm noch blind sind, um seinen Zustand nicht zu erkennen. - So greift er in die Glut, dass man zwar sieht, dass er ein Dieb ist, er aber doch das Ei nicht bekommt.
(Ziegeler, Hans-Joachim: Erzählen im Spätmittelalter, S. 468)