Sehnsuchtsklage einer Frau (B45)

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Sehnsuchtsklage einer Frau (B45)

AutorIn Anon.
Entstehungszeit Überlieferung ab 1470/1471
Entstehungsort
AuftraggeberIn
Überlieferung Berlin, Staatsbibliothek: Mgf 488, 165r-167v
Leipzig, Universitätsbibliothek: Ms. Apel 8, 294r-296v
Prag, Knihovna Národniho muzea: Cod. X. A 12, 134v-136r
Ausgaben
Übersetzungen
Forschung Klingner, Jacob: Sehnsuchtsklage einer Frau; Klingner, Jacob/Lieb, Ludger: Handbuch Minnereden, S. 76f.

Inhalt

Das weibliche Sprecher-Ich beklagt in einer Fülle von topischen Bildern und Wendungen die Abwesenheit ihres Geliebten: Würde man durch Trauer reich werden, so wäre sie es; würde heimliches Leid schmücken, so wäre sie die Hübscheste von allen. Ihr Herz sei umgeben von zwei Nattern. Auch wenn sie ab und zu lache, so weine ihr Herz doch beständig, weil es gerne hätte, was es nicht besitze. Gott würde sie glücklicher machen, als es je eine Frau seit Adams Zeiten gewesen sei, wenn sie nur ihren Geliebten ansehen und er sie grüßen könnte, als er vil wol kan (27). Vor Kummer müsse sie stattdessen greysen (31). Selbst der Magnet ziehe weder Stahl noch Eisen so stark an sich, wie er ihr Herz. Er müsse wegen seiner Jugend allen Frauen gefallen. Würde Liebeskummer alt machen, so wäre sie wie eine Siebzigjährige, vnd ist mein leib | Doch nit vil vber zwaintzig Jar (46f.). Die Liebe brenne in ihr wie die Funken an einem glühenden Eisen. Von ihrem Liebesverlangen sei sie so ermüdet, als wäre sie tausend Meilen gegangen. Sie leide, als ob ein Pfeil in ihr Herz geschossen worden wäre. Das alles werde von anderen Leiden aber noch in den Schatten gestellt. Oft fühle es sich an, als ob sie sterben müsste, aber Hoffnung und Zuversicht stünden ihr in solchen Momenten bei. Sobald sie sich jedoch schlafen lege, plage sie erneut Liebesschmerz. Das personifizierte ›Sehnen‹ sei ihr beim Schlafengehen zu Diensten (siehe auch V. 89). Sei sie schließlich eingeschlafen, träume sie von dem Geliebten (74: Als man die valcken tuot laichen), um dann vor Freude wieder aufzuwachen, welche ich alsbald wieder in Trauer wandle, wenn sie merke, dass er doch nicht bei ihr sei. Auch Übersingen vnd quinttieren | Auch mit saittenspil hofieren (85f.) erfreuten sie nicht. Das personifizierte ›Sehnen‹ bitte sie oft zu Tisch und setze ihr dann statt Wildbret und Fisch nur ›Verlangen‹ vor. Gerne würde sie ihr Herz zu ihm schicken (97: Vsz dem leib müst es zu Im faren) und es in sein Kleid einnähen, das er auf ihr Geheiß hin trage. Bis zu ihrem Ende wolle sie hoffen und darum bitten, dass es ihm gut gehe (Segenswunsch). – Evtl. liegt nach V. 110 ein Bruch vor, denn es folgt nun die kurze Erzählung von einem Gespräch mit einem knaben (111). Auf ihre Frage, was gegen die Sehnsucht helfe, antwortet dieser: Nichts wäre besser, als den Geliebten zu treffen. Daraufhin klagt die Sprecherin: Frühmorgens und spätabends habe sie ihn (den Geliebten?) vergeblich gesucht (Anspielung auf Hohelied 3,1f.); dem Schiffer, der ihn ihr zurückbringe, würde sie jeden Preis zahlen.

(Klingner, Jacob/Lieb, Ludger: Handbuch Minnereden, S. 76f.)