Takahashi, Yumiko: Die Komik der Schimpf-Exempel von Johannes Pauli

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Zitation

Takahashi, Yumiko: Die Komik der Schimpf-Exempel von Johannes Pauli. Eine textpragmatische Analyse frühneuhochdeutscher Predigterzählungen. Freiburg im Breisgau 1994

Beschreibung

Dissertation zur Komik in Schimpf und Ernst (Johannes Pauli), die methodisch auf Vladimir Propp, William Labov, Bernhard Marfurt und Viktor Raskin aufbaut.

Inhalt

1. Einleitung und Zielsetzung

  • Die Komik in den 457 Schimpf-Exempeln entsteht durch „ungewöhnliche und prinzipiell zum Lachen reizende harmlose Handlungsabläufe“ (3).
  • Die Arbeit untersucht ausschließlich die in der Österley-Ausgabe als Schimpf-Exempel deklarierten Texte (3).
  • Ziel der Arbeit ist der Nachweis einer gemeinsamen systematischen Kodiertheit der heterogenen Schimpf-Exempel (3), um den inneren Mechanismus der Komik zu typisieren (4).

2. Methodik und Hypothesen

  • Nach Hugo Steger lässt sich ein Text nach funktional-zweckhaften, sozial-räumlichen und zeitlich-historischen Kriterien in Textsorten und Texttypen (als Subkategorien von Textsorten) einordnen; Die Schwänke Paulis gehören der Textsorte ‚unterhaltsam-belehrende frühneuhochdeutsche Predigtexempel im alemannischen Sprachraum‘ an (5).
  • Die Schwänke lassen sich weiter hinsichtlich ihrer Narration und ihrer Komik auf Ebene der Oberflächenstruktur (Inhalt und Ausdruck) und der Tiefenstruktur (für den Gesamtkorpus konstante Form) typisieren (5):
    • Hauptarten der Schimpf-Exempel (oberflächenstrukturelle Kodiertheit der Narration) (5)
    • Haupttypen der Schimpf-Exempel (tiefenstrukturelle Kodiertheit der Narration) (6)
    • Dramatische Struktur der Schimpf-Exempel (Oberflächenstruktur der Komik) (6)
    • Mechanismen der Komik in den Schimpf-Exempeln (Tiefenstruktur der Komik) (6)

2.1 Die Erzählanalyse von Vladimir Propp

  • Propp schlägt eine Analyse des Märchens auf Basis der Funktionen der handelnden Personen vor (10).
  • Auf Basis dieser Funktionen arbeitet Propp für 100 Zaubermärchen einen gemeinsamen strukturellen Typus heraus mit einer festen Abfolge von Handlungsfunktionen (10).

2.2 Weiterentwicklung der Theorie von Propp

  • Claude Bremont fordert, dass für eine allgemeine Anwendbarkeit der Erzählanalyse jede Handlungsfunktion durch eine Alternative ergänzt werden muss (z.B. Sieg - Niederlage) (11)
  • Tsvetan Todorov praktiziert einen linguistischen Ansatz mit der Proposition als kleinste Handlungseinheit, um eine universale Erzählgrammatik zu entwickeln (11f.)
  • Algirdas Greismas kritisiert die geringe Bedeutung des Personals und entwickelt sein Aktantenmodell und systematisiert die Erzählfunktionen in Oppositionspaaren (12).
  • Alan Dundes reduziert zum einen die Funktionen Propps und systematisiert zum anderen ihre Kombination hierarchisch (13).

2.3 Modifizierung der Klassifizierungsprinzipien Propps

  • Im Weiteren soll die Erzählanalyse Propps angewendet werden, wobei nicht alle Schwänke in Schimpf und Ernst zu einem Typus zusammengefasst werden sollen, sondern die wesentlichen Haupt- und Subtypen herausgearbeitet werden sollen (14).

2.4 Das Erzählschema von William Labov

  • Von Labov übernommene Grundkonstituenten der Erzählung:
    • Abstrakt: Knappe Inhaltangabe der Geschichte zu Beginn (18).
    • Orientierung: Nennung von Zeit, Ort und Personen (18).
    • Koda: Markierung des Erzählschlusses (18).
    • Handlungsablauf: Zusammenfassung der Labovschen Konstituenten Komplikation, Resultat, Auflösung (19).
    • Evaluation: Bewertung durch Erzähler bzw. Autor (19).

2.5 Die Humorforschung von Bernhard Marfurt und Viktor Raskin

  • Bernhard Marfurt unterscheidet als innere Strukturelemente des Witzes Einleitung, Dramatisierung, Pointe. Die Pointe entsteht auf Basis kontextueller Mehrdeutigkeit (21).
  • Victor Raskin definiert den Mechanismus des Humors ähnlich als eine semantische Opposition, deren Kompatibilität unwahrscheinlich ist (22).

2.6 Anwendung der Methoden von Marfurt und Raskin auf der kommunikativ-pragmatischen Ebene

  • Die Schimpf-Exempel wirken komisch, wollen aber in erster Linie die religiös-domatische Lehre einer Predigt glaubwürdig machen (23).
  • Die Grundlagen für die Schimpf-Exempel sind Abweichungen von Alltagsplausibilität und die daraus sich ergebenden Paradoxien, die karnevalesk sind (24).

2.7 Hypothesen über den Mechanismus der Komik in den Schimpf-Exempeln

  • 1. Hypothese: Der Mechanismus der Komik in den Schimpf-Exempeln ist oft ein hermeneutisch-analytischer Fehler (25).
  • 2. Hypothese: Auch Rhetorik ist oft ein Mechanismus der Komik (26f.).
  • 3. Hypothese: Auch taktische Überzeugung ist oft ein Mechanismus der Komik (27).
  • Daneben ist für die Komik auch das stimulus-response-Schema auf Handlungsebene relevant: Die verbale oder nonverbale Reaktion einer Person auf einen Reiz (28).

3. Das Genre der Schimpf-Exempel

  • “Paulis Werk steht mitten in der Zeit der Exempelpopularisierung und der Auseinandersetzung der alten Kirche mit den frühen Reformatoren. Er möchte durch unterhaltende und belehrende Exempel aus der ganzen Welt neue Leserschichten nicht in Latein, sondern in deutscher Sprache ansprechen“ (32).

3.1 Die Hauptarten der Schimpf-Exempel

  • Biblische Erzählung: Pauli schöpft selten direkt aus der Bibel, die jedoch oft den Wissenshintergrund stellt (33).
  • Heiligenlegenden und Wundergeschichten: Etwa 15 Schimpf-Exempel sind Heiligenlegenden oder Wundergeschichten, in denen Pauli Frömmigkeit lobt und falsche Auffassungen kritisiert (34).
  • Dämonengeschichten: Etwa 30 Schimpf-Exempel sind inhaltlich Dämonengeschichten, in denen Teufel als Hauptfiguren auftreten und Menschen mit negativen Eigenschaften schaden (35).
  • Heldenanekdoten: Etwa 40 Schimpf-Exempel sind Heldenanekdoten mit historischen Persönlichkeiten, die merkwürdige Begegnungen erzählen (36).
  • Volkssagen: Etwa 10 Schimpf-Exempel beziehen sich auf Volkssagen zumeist griechisch-römischer Provenienz (37).
  • Liebesmärchen: 2 Schimpf-Exempel sind Liebesmärchen, die eine Fortsetzungsgeschichte bilden und den Vergleich von Gerechtigkeit und Falschheit zum Thema haben (38)
  • Antike Fabeln: Etwa 40 Schimpf-Exempel sind antike Fabeln, bei denen die Lehre oftmals bereits in die Geschichte eingearbeitet ist (39).
  • Rätsel und Rätsellösung: Etwa 10 Schimpf-Exempel beinhalten Rätsel und deren Lösungen (40).
  • Gehörte und gelesene Erlebnisberichte: Über 300 Schimpf-Exempel sind als gehörte oder gelesene Erlebnisberichte ausgegeben; hier liegen die eigentlichen Exempla vor, die typische menschliche Vorzüge und Schwächen aufzeigen (41) und meist anonyme Menschen aller Stände als Personen aufführen (42).
  • Persönliche Erlebnisberichte: Nur wenige Exempel sind als persönliche Erlebnisse markiert, die oft vor allem der Kommunikation zwischen Autor und Leser dienen (43).

3.2 Die Haupttypen der Schimpf-Exempel

  • Plan-Typus: Ca. 180 Schimpf-Exempel gehören dem Plan-Typus an: Die Geschichte ist bestimmt vom Willen des Helden, ein bestimmtes Vorhaben zu verwirklichen (45). Untertypen:
    • Verbessern einer Situation: In etwa 10% des Plan-Typus zielen die Helden (meist erfolglos) auf eine Verbesserung ihrer Situation, wobei nur selten auf Betrug zurückgegriffen wird (46).
    • Überbieten eines Gegners: Etwa 20% des Plan-Typus sind von einer Überbietung des Gegners bestmmt, meist mit Erfolg, bisweilen aber auch mit Misserfolg (46f.).
    • Ablenkungs- und Vortäuschungsmanöver: In etwa 60 Exempel des Plan-Typus versuchen die Helden, die Aufmerksamkeit des Gegenübers abzulenken, wobei der Held in 40 Exempeln Erfolg hat (48). Hauptmittel der Täuschung ist List, die mitunter mit einer schmerzhaften Erfahrung des Gegenübers einhergeht (49). Geld und Besitz sind wichtige Hilfsmittel bei der Planungsdurchführung (50).
    • Betrügereien: Etwa 30 Exempel des Plan-Typus betrügt der Held, um sich einen Vorteil zu verschaffen, was zu 2/3 gelingt. In den meisten Fällen wird durch Lügen ein materieller Gewinn erzielt (52). Wenn die List misslingt, ist oft eine Gegenlist im Spiel (54).
    • Jemanden auf die Probe stellen: In etwa 10 Exempeln des Plan-Typus stellen die Helden jemanden auf die Probe, wobei die Komplikationen durch List oder Klugheit gelöst werden (56).
    • Vergeltungsakt: In einigen Exempeln sind Vergeltungsakte der eigentliche Kern der Erzählung, wobei sich die Helden mit Erfolg rächen (57).
    • Ermahnungen: In einigen Exempeln ermahnen die Helden die Gegner durch Hinweise, wobei sie immer Erfolg haben (58).
  • Anregungs-Typus: Im Unterschied zum Plan-Typus tritt die Komplikation nicht intentional auf, sondern durch einen Reiz, auf den der Held reagiert. Positive oder Negative Folgen werden hier oft nicht ausdrücklich erwähnt. Der Typus macht 30% des Gesamtkorpus aus (59). Untertypen:
    • Tadel: In etwa 10 Exempeln tadelt der Gegner den Helden und reizt ihn dadurch, was meistens durch einen begründeten Widerspruch des Helden aufgelöst wird (60).
    • Trostworte: Beispiel ist Exempel 46 (61).
    • Lobworte: Beispiel ist Exempel 52 (61).
    • Drohworte: Die Komplikation der Drohworte gegen den Helden in manchen Exempeln wird durch die kontrastive Denkweise des Helden aufgelöst (61).
    • Meinungsverschiedenheiten und Auseinandersetzungen: In diesen Exempeln wird die Komplikation, die in einer Meinungsverschiedenheit besteht, durch eine Reaktion des Helden aufgelöst oder überboten (62).
    • Konventionelle Redeweise: Exempel 51 (63).
    • Ärztliche Beurteilung: Exempel 137 (63).
    • Angebot: Exempel 236, 468 (63)
    • Aufdecken der Wahrheit: Bei einigen Exempeln ist das Aufdecken der Wahrheit zentral, wobei meist Unkeuschheit thematisiert wird (64).
    • Klagen: Exempel 623 (64).
    • Konventionswidrige und aggressive Verhaltensweisen: In ca. 20 Exempeln verstoßen bereits die Komplikationen gegen Konvention, wobei diese meist vom Gegenspieler ausgehenden Reize vom Helden überraschend aufgelöst werden (64).
    • Not und Bedrängnis: In ca. 10 Exempeln gerät der Held zu Beginn durch einen plötzlichen Unfall in Not und Bedrängnis (66).
    • Todesstunde: In ca. 10 Exempeln ist der Tod bzw. die Todesstunde die Komplikation (66).
    • Ungewöhnliche und verwirrende Situationen: In ca. 30 Exempeln werden vom Gegenüber als Reize ungewöhnliche oder verwirrende Situationen geschaffen, die der Held auflöst (67).
    • Sinnesreize: In ca. 10 Exempeln besteht die Komplikation aus Reizen wir Geräusche, Hitze, Schmerzen (68).
    • Übernatürliche Geschehnisse: 559.
  • Aufforderungs-Typus: Ca. 100 Schimpf-Exempel (20%) gehören dem Aufforderungs-Typus an, der vom Handlungsmuster, eine andere Person handeln zu lassen, geprägt ist (69). Handlungsträger sind mindestens Auftraggeber und Held, ggf. Helfer und Gegenspieler (69f.). Untertypen:
    • Aufforderung zur Durchführung einer Aktion: Der Held weist nach Aufforderung durch einen Auftraggeber den Befehl zurück und erleidet als Folge oft Schaden (70).
    • Aufforderung zur Lösung einer Aufgabe oder eines Problems: In Exempeln dieses Typs wird eine gestellte Aufgabe verbal oder nonverbal taktisch gelöst (77).
  • Gemischter Typus: Bei ca. 50 Exempeln bilden zwei unterschiedliche narrative Typen eine einzige Erzählung, wobei es stets je zwei Komplikationen und Auflösungen gibt (79). Untertypen:
    • Aufforderung und Anregung: Ca. 20 Exempel beginnen mit einer Aufforderung als erste Komplikation, deren Auflösung meist eine neue Anregung für den Auftraggeber stellt, der in Reaktion eine zweite Komplikation generiert (79f.).
    • Aufforderung und Plan: Sehr selten wird der Plan des Helden in die durch die Aufforderung eingeleitete Episode eingebettet, wobei die Auflösung der ersten Komplikation zuletzt gegeben wird (82).
    • Plan und Anregung: 10 Exempel werden durch einen Plan eingeleitet, der dem Helden entweder gelingt oder misslingt, worauf sich eine zweite Komplikation anschließt, deren Auflösung die Folge der ersten Auflösung umkehrt (83).
    • Plan und Aufforderung: In knapp 10 Exempeln schließt sich an den Plan des Helden eine Aufforderung des Gegners oder des Helden an, was die zweite Komplikation bildet, wobei meistens die erste positive Folge durch die zweite Auflösung umgekehrt wird (84).
    • Anregung und Plan: In einigen Exempeln wird als erste Narration eine Anregung aufgelöst, woraufhin der Held eine Maßnahme plant, was gelingt oder misslingt (86)

4. Die Komik der Schimpf-Exempel 4.1 Die dramatische Struktur der Schimpf-Exempel 4.1.1 Möglichkeiten des Exempelbeginns

  • Abstrakt: Eine knappe Inhaltsangabe als Einleitung kommt bei Pauli nur in 7 Exempeln vor und ist offenbar kein typisches Element ihrer dramatischen Struktur (89)
  • Textrückverweis: Einleitend verweist Exempel 33 auf 32 und 40 auf 39 (90).
  • Einleitende Evaluation: In ca. 15 Exempeln steht eingangs eine Evaluation, die hypothetischer Natur ist und Paulis Stellungnahme vorwegnimmt (91).
  • Einleitende Moral: Bei einigen Exempeln steht die Moral (generelle Handlungsempfehlung an den Leser) nicht am Ende, sondern am Beginn der Geschichte (92).
  • Einleitender Appell: Einige Exempel beginnen mit einem appellativen Teil, der sich an den Leser richtet (92f.).
  • Orientierung: 424 Exempel (92%) beginnen mit einer Orientierung, womit diese ein wesentliches Strukturelement ist (93). Die Orientierung dient Pauli als Einführung in eine nicht-alltägliche Welt des Spiels (Huizinga) (94).
  • Einleitender Autoren- und Quellenhinweis: In ca. 30 Exemepln weist Pauli einleitend auf Autoren bzw. Quellen hin (97).

4.1.2 Übergang zum eigentlichen Erzählbeginn

  • Vorgeschichte: Bei mehr als 2/3 der Exempel folgt der Orientierung ein Textteil, der Ereignisse bis zur eigentlichen Erzählung wiedergibt (98).
  • Hintergrundinformation: Die Hintergrundinformation gibt die notwendigen Bedingungen für das Zustandekommen des weiteren Geschehens. Sie kommt in einem Fünftel der Exempel vor und kann dabei auch ganz am Anfang stehen (98).

4.1.3 Handlungsablauf

  • 9% der Exempel setzen ohne Orientierung direkt mit der Komplikation ein, wobei in vielen Fällen der lehrhafte Schluss fehlt. Diese Exempel dienen entweder nur zur Unterhaltung, oder die moralisch-religiöse Lehre findet sin im Handlungsverlauf (100).
  • Hinsichtlich der Erzählform wird der Handlungsablauf der Exempel prinzipiell in der Er-Form geschrieben (101).
  • Hinsichtlich des Blickpunkts berichtet Pauli meist mittelbar aus der Ferne (102).
  • Hinsichtlich der Erzählperspektive lassen sich Außensicht und Innensicht des Autors unterscheiden, wobei die Innensicht für den Handlungsablauf wichtig ist (102).
  • Hinsichtlich des Erzählverhaltens ist durchweg ein personales Verhalten zu konstatieren (102). Ganz neutral ist das Erzählverhalten nirgends (103).

4.1.4 Möglichkeiten für den Exempelschluss

  • Überleitung zum nächsten Exempel: In ca. 15 Exempel wird zum nächsten Exempel gleichen Inhalts übergeleitet (103).
  • Hinweis auf ein anderes Exempel: Der Exempelschluss kann auch auf ein ähnliches anderes Exempel verweisen, das nicht nachfolgt (104).
  • Abschließender Autoren- und Quellenverweis: Die Verweise stehen oft am Anfang, können aber auch am Ende stehen (104).
  • Abschließender Appell: Der abschließende Appell dient ebenso wie der einleitende der direkten Kommunikation zwischen Autor und Leser, tritt aber ausschließlich in Form einer Aufforderung an den Leser auf (105).
  • Abschließende Evaluation: 60% der Exempel enden mit einer negativen, positiven oder kontrastierenden Evaluation durch den Autor (105f.).
  • Abschließende Moral: In ca. 70 Exempeln wird der Leser abschließend darauf hingeweisen, was er generell tun oder lassen soll (108).

4.2 Die Mechanismen der Komik in den Schimpf-Exempeln

  • In ca. 230 Exempeln entsteht die Komik auf Basis eines hermeneutischen Vorgehend einer Person, wodurch ersichtlich wird, dass Pauli die Interpretation in den Mittelpunkt der Komik stellt. Die hermeneutische Komik kommt am häufigsten im Anregungs-Typus vor, was beweist, dass die Personen auf die intentionslosen Anregungen oft mit interpretatorischer Fähigkeit bzw. Unfähigkeit reagieren (110).
  • In ca. 180 Exempeln wird Komik auf Basis von Taktik hergestellt, zumeist im Plan-Typus (110f.).
  • In ca. 60 Exempeln wird Komik auf Basis reaktiven Verhaltens hergestellt (111).
  • In ca. 30 Exempeln wird Komik auf Basis von Rhetorik hergestellt (111).
  • Da in nur ca. 10% der Exempel mehrere Komik-Mechanismen auftreten, ist Pauli einem einfachen Komik-Muster verpflichtet (112).

4.2.1 Hermeneutik 4.2.1.1 Subkategorien der Hermeneutik

  • Klasse A: Komik aufgrund der Mehrdeutigkeit von Zeichen
    • Typ 1: Unabsichtliches Wörtlichnehmen: Pauli schiebt mehrfach Missverständnisse durch Wörtlichnehmen in die Tiefenstruktur ein (113).
    • Typ 2: Absichtliches Wörtlichnehmen: Das absichtliche Wörtlichnehmen ist ein intentionaler hermeneutischer Mechanismus der Komik (114).
    • Typ 3: Ausschöpfen anderer Bedeutung: Exempel 509 (115).
    • Typ 4: Zu große Vagheit: Mehrdeutigkeit wird absichtlich verbal eingesetzt (115).
  • Klasse B: Komik aufgrund rationalen Denkens
    • Typ 5: Begründung: In einigen Exempeln bildet eine begründete Argumentation der Hauptfigur den Kern von überraschenden Effekten, wobei die Metapher eine wichtige Rolle spielt (116).
    • Typ 6: Analogieschluss: Komik wird auch auf Basis der Ähnlichkeit zweier Dinge hergestellt (117).
    • Typ 7: Antithese: Komik wird auf Basis einer einer These entgegengesetzten Behauptung hergestellt (118).
    • Typ 8: Güterabwägung: Vorteil – Nachteil: In einigen Exempeln entsteht die Komik auf Basis einer abschätzenden Überlegung (119).
  • Klasse C: Komik aufgrund falschen Denkens
    • Typ 9: Kognitiv falsches Denken: Komik entsteht auf Basis eines nicht funktionierenden Verstandes der Hauptperson (120).
    • Typ: 10: Moralisch falsches Denken: Komik entsteht auf Basis einer falschen moralischen Bewertung durch einen betrügerischen, hochmütigen oder feindlichen Helden (120).
  • Klasse D: Komik aufgrund weiterer Denk- und Sprechformen
    • Typ 11: Ironie: Komik entsteht auf Basis feinen, verdeckten Spottes, der die eigentliche Deutung eines Sachverhaltes durchblicken lässt (122).
    • Typ 12: Anspielung: Komik entsteht auf Basis eines versteckten Hinweises oder einer absichtsvollen Andeutung (122).

4.2.1.2 Paulis Evaluation der Handlungsfiguren durch Hermeneutik

  • Negative Evaluation: Paulis negative Evaluation der Figuren durch Hermeneutik kommt sehr oft und vor allem in den Komikklassen B5, 7, 8, C9, 10 und D12 vor (124).
  • Positive Evaluation: Sehr selten evaluiert Pauli durch Hermeneutik vor allem in den Komikklassen A1 und B5
  • Kontrastierende Evaluation: Häufig evaluiert Pauli kontrastiv vor allem in den Komikklassen A1, 4, B5-8 (130).

4.2.1.3 Paulis Moral der Geschichten durch Hermeneutik

  • Die praktische Nutzanweisung von Geschichten wird mit fast allen vier Klassen der Hermeneutik entwickelt (134).

4.2.2 Taktik 4.2.2.1 Subkategorien der Taktik

  • Klasse A: Komik aufgrund der taktischen Überzeugung
    • Typ 1: Übernatürliche Kraft: Bei der taktischen Überzeugung resultiert die Komik oft auf der übernatürlichen Kraft des Wunders (139).
    • Typ 2: Listige Handlung: Oft wird taktische Komik durch listiges Handeln hervorgehoben, wobei die List klug und gescheit oder auch moralisch falsch sein kann (140).
  • Klasse B: Komik aufgrund der taktischen Fehlleistung
    • Typ 3: Moralisch falsche Handlung: Komik wird Helden mit moralisch negativen Eigenschaften erzeugt (141).
    • Typ 4: Kognitiv falsche Handlung: Exempel 53.
    • Typ 5: Vergebliche Mühe: Z.B. Exempel 602, 213.

4.2.2.2 Paulis Evaluation der Handlungsfiguren durch Taktik

  • Negative Evaluation: Am häufigsten evaluiert Pauli seine Figuren negativ, wobei die Komikklassen A2, B3, 4, 5 verwendet werden (142).
  • Positive Evaluation: Sehr selten erfolgt Paulis Evaluation durch Taktik positiv, wobei die Komikklassen A1, 2, B4 verwendet werden (147).
  • Kontrastierende Evaluation: Paulis kontrastierende Evaluation aufgrund der taktischen Komik wird stets durch listiges Figurenhandeln entwickelt (149).

4.2.2.3 Paulis Moral der Geschichten durch Taktik

  • Paulis Moral der Geschichten durch Taktik kommt in den Komikklassen A2, B3, 4 vor (151).

4.2.3 Reaktives Verhalten 4.2.3.1 Subkategorien des reaktiven Verhaltens

  • Klasse A: Komik aufgrund inadäquater Reaktion
    • Typ 1: Kognitiv-perzeptiv falsches Verhalten: Komik entsteht durch kognitiv-perzeptiv falsches Verhalten einer Handlungsfigur (154)
    • Typ 2: Ethisch-moralisch falsches Verhalten: Z.B. 304, 271.
  • Klasse B: Komik aufgrund adäquater Reaktion
    • Typ 3: Wohlverhalten: Selten entsteht Komik durch eine adäquate Reaktion, wobei die Personen ausnahmslos Tiere sind, die den Menschen als Vorbild dienen (155).
    • Typ 4: Mitleidiges bzw. nachsichtiges Verhalten: Auch hier handeln ausnahmslos Tiere mitleidig und nachsichtig (156).

4.2.3.2 Paulis Evaluation der Handlungsfiguren durch reaktives Verhalten

  • Negative Evaluation: Paulis negative Evaluation der Figuren durch reaktives Verhalten verwendet ausschließlich die Komikklassen A1, 2 (156).
  • Kontrastierende Evaluation: Aus reaktivem Verhalten wird keine positive Reaktion abgeleitet, aber eine kontrastierende: Exempel 30 (158).

4.2.3.3 Paulis Moral der Geschichten durch reaktives Verhalten

  • Paulis Moral der Geschichte durch reaktives Verhalten benutzt ausschließlich die Komikklassen B (158).

4.2.4 Rhetorik 4.2.4.1 Subkategorien der Rhetorik

  • Klasse A: Komik aufgrund der rhetorischen Überredung
    • Typ 1: Rhetorische Figuren: Z.B. Exempel 191 (160).
    • Typ 2: Wortverdrehung: Z.B. Exempel 502 (160).
    • Typ 3: Phantasterei: Z.B. Exempel 628 (160).
  • Klasse B: Komik aufgrund rhetorischer Fehler
    • Typ 4: Mangelhaftes Latein: Z.B. Exempel 99 (161).
    • Typ 5: Falsche Anwendung rhetorischer Mittel: Z.B. Exempel 33 (161).

4.2.4.2 Paulis Evaluation der Handlungsfiguren durch Rhetorik

  • Negative Evaluation: Paulis negative Evaluation der Handlungsfiguren benutzt die Komikklassen A2 und B5 (162).
  • Positive Evaluation: Nur Exempel 341 (163).

4.2.4.3 Paulis Moral der Geschichten durch Rhetorik

  • Paulis Moral benutzt bei rhetorischer Komik die Komikklassen A3 und B4 (163).

5. Zusammenfassende Auswertung und Ausblick