Vom Geiz

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Vom Geiz; Avarice

AutorIn Anon.
Entstehungszeit
Entstehungsort
AuftraggeberIn
Überlieferung Wien, ÖNB: Cod. 2705 [1]
München, UB: 2° Cod. ms. 731 (Cim. 4), 93vb-94rb [2]
Ausgaben Ridder, Klaus/Ziegeler, Hans-Joachim (Hg.): Deutsche Versnovellistik des 13. bis 15. Jahrhunderts, Band 1/1, S. 62-64
Übersetzungen Ridder, Klaus/Ziegeler, Hans-Joachim (Hg.): Deutsche Versnovellistik des 13. bis 15. Jahrhunderts, Band 5, S. 15
Forschung Ziegeler, Hans-Joachim: Erzählen im Spätmittelalter, S. 99 A. 8, 117, 135, 137-139, 183f., 185-188, 480

Inhalt

Narratio

Ein Mann trägt einen Sack voll Korn zur Mühle und eilt, als es gemahlen ist, wieder zurück. Durch seine Eile kommt es, dass er beim Mühlstein ein wenig Mehl liegen lässt, kaum eine Handvoll ist es. Daran denkt er, als er vor die Mühle tritt, und er setzt da seinen vollen Sack ab und eilt dorthin zurück, wo er die Handvoll hatte liegen lassen. Doch sie ist weggeräumt. Als der Geizhals zurückgeht und seinen Sack zu finden glaubt, hat sich dessen ein anderer bemächtigt und ihn auch davongetragen. Da klagt er über seine Torheit, dass er aus Geiz sein Gut und seine Arbeit so verspielt, die größere und die kleinere Menge verloren hat.

Epimythion

So geht es vielen, die nicht genug bekommen können, wie voll auch ihr Sack ist. Trifft so einer einen Armen, er gibt ihm nicht eine Handvoll; es geht ihm nicht gut, wenn er nicht noch mehr zu dem seinen hinzugewinnt. Eher verliert er alles, was er hat. [Wenn jemand einen großen See besitzt und er möchte einen Schluck Wasser, den ein anderer hat, dem kann niemand helfen. Wem aber das reicht, was ihm Gott gegeben hat, und wer auch anderen Leuten ihren Besitz gönnt, der ist hier und dort ein reicher Mann. (E)]

(Ziegeler, Hans-Joachim: Erzählen im Spätmittelalter, S. 480)