Anekdote
Definitorische Ansätze
Heinz Schlaffer definiert die Anekdote prägnant als "[k]urze, pointierte Geschichte, die einer wirklichen Person nachgesagt wird" (Schlaffer: Anekdote, S. 87). Die Anekdote ist zunächst mündlich und wird zum Zweck des Wiedererzählens unselbständig verschriftlicht (vgl. Schlaffer: Anekdote, S. 87). Vom Witz unterscheidet die Anekdote durch den Anspruch auf Faktizität, vom Apophthegma durch den Verzicht auf überzeitliche Geltung und von Fazetie bzw. Schwank durch die Respektierung des 'Guten Tons' und der Bevorzugung des geistesgegenwärtigen Ausspruchs gegenüber dem listigen Handeln (vgl. Schlaffer: Anekdote, S. 87). Grundsätzlich aber ist die Abgrenzbarkeit zu Nachbargattungen wie auch Parabel und Novelle unscharf (vgl. Grothe: Anekdote, S. 10).
Überlieferungsformen
Anekdoten sind als ausgesprochene Anekdotensammlungen überliefert, daneben auch verstreut in Erzählsammlungen, in größeren epischen Werken, in Briefen und in Periodika. Mit Heinrich von Kleist und Johann Peter Hebel erhält die Anekdote im späten 18. Jahrhundert ihre 'klassische' Form (vgl. Grothe: Anekdote, S. 78). Die folgenden Listen orientieren sich an Straßner: Schwank und Grothe: Anekdote und führen auch neuzeitliche Erscheinungsformen bis ausschließlich Kleist und Hebel auf.
Anekdotensammlungen
- Anekdoten von Valerius Maximus (Heinrich von Mügeln)
- Sieben weise Meister
- Das Buch der Beispiele der alten Weisen (Antonius von Pforr)
- Decamerone (Arigo)
- Ritter vom Turn (Marquart vom Stein)
- Translatzen (Niklas von Wyle)
Erzählsammlungen mit Anekdoten
- Des abenteuerlichen Simplicissimi Ewig-währender Calender (Johann Jacob Christoffel von Grimmelshausen)
- Belustigung vor das honette Frauenzimmer und Junggesellen (Johann Paul Waltmann)
- Das Buch der Sünden des Munds (Johann Geiler von Kaisersberg)
- Das Buch ohne Nahmen
- Etwas für alle in einer eingemachten Allabattritta oder lustigen Gesellschaft (Erhard Michael Freudenberg)
- Facetae (Heinrich Bebel)
- Facetiae (Augustin Tünger)
- Heilsames Gemisch-Gemasch (Abraham a Sancta Clara)
- Huy und Pfui der Welt (Abraham a Sancta Clara)
- Das irrige Schaf (Johann Geiler von Kaisersberg)
- Kurtzweiliger Zeitverkürzer (Philander)
- Der Lustige Teutsche (Johann Paul Waltmann)
- Lustige Gesellschaft (Petrus de Memel)
- Lustiger Demokritus
- Magazin für Kurtzweil des verreist gewesenen und wieder angekommenen Kilian Brustfleck
- Mensa Philosophica
- Merk's Wien (Abraham a Sancta Clara)
- Das Narrenschiff (Sebastian Brant)
- Nugae Venales
- Rollwagenbüchlein (Jörg Wickram)
- Schimpf und Ernst (Johannes Pauli)
- Die Schneckenprozession (Abraham a Sancta Clara)
- Schriften (Johann Balthasar Schupp)
- Der Teutschen Scharpfsinnige kluge Sprüch, Apophthegmata genannt (Julius Wilhelm Zincgref)
- Tischgespräche (Martin Luther)
- Wendunmuth (Hans Wilhelm Kirchhoff)
- Wunder-Geschichts-Kalender (ohann Jacob Christoffel von Grimmelshausen)