Der Borte; Der Gürtel; Der Siegesgürtel; The girdle
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AutorIn
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Dietrich von der Glezze (Glesse, Gletze, Klesse, Glatz, Glaz); Der Punzinger ? (ggf. Überarbeitungen, vgl. Kralik, Dietrich von: Der Borte Dietrichs von der Glezze in ursprünglicher Gestalt)
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Entstehungszeit
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2. Hälfte 13. Jhd. (Meyer, Otto Richard: Der Borte des Dietrich von der Glesse)
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Entstehungsort
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Weidenau (Meyer, Otto Richard: Der Borte des Dietrich von der Glesse)
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AuftraggeberIn
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Wilhelm von Widena (Weidenau)
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Überlieferung
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Heidelberg, UB: Cod. pal. germ. 341, 232v-238r (online: [1]) Heidelberg, UB: Cod. pal. germ. 4, 198r-208r (online: [2]) Cologny-Genf, Bibl. Bodmeriana: Cod. Bodm. 72 (früher Kalocsa, Kathedralbibl.: Ms. 1), 233v-239r (online: [3]) Klagenfurt, UB: Perg.-Hs. 64, 1v (Abdruck bei Gröchenig, Hans: Ein Fragment einer mittelalterlichen Maerenschrift aus der UB Klagenfurt)
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Ausgaben
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Ridder, Klaus/Ziegeler, Hans-Joachim (Hg.): Deutsche Versnovellistik des 13. bis 15. Jahrhunderts, Band 1/2, S. 103-126 Von der Hagen, Friedrich Heinrich (Hg.): Gesamtabenteuer, 1. Bd., S. 449-478 Meyer, Otto Richard: Der Borte des Dietrich von der Glesse
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Übersetzungen
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Bergemann, Fritz (Hg.): Altdeutsche Minnemären, S. 28-57 Classen, Albrecht/Sprague, William Maurice (Hg.): Erotic tales of medieval Germany, S. 19-28 Ernst, Paul (Hg.): Altdeutsche Mären und Schwänke, S. 445-466 Lemmer, Manfred: Deutschsprachige Erzähler des Mittelalters, S. 289-305 Ridder, Klaus/Ziegeler, Hans-Joachim (Hg.): Deutsche Versnovellistik des 13. bis 15. Jahrhunderts, Band 5, S. 126-132 Spiewok, Wolfgang (Hg.): Altdeutsches Decamerone, S. 510-524 Spiewok, Wolfgang (Hg.): Deutsche Novellen des Mittelalters, Band 3, S. 145-156 Zoozmann, Richard (Hg.): Dietrich von Glaz: Der Gürtel
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Forschung
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Baesecke, Georg: Der Wiener Oswald, S. XCff.; Beine, Birgit: Der Wolf in der Kutte, S. 64, 164f.; Berger, Bruno u.a. (Hg.): Dietrich von der Gletze; Bildhauer, Bettina: If you prick us do we not bleed?, S. 168f.; Birkhan, Helmut: Geschichte der altdeutschen Literatur im Licht ausgewählter Texte. Teil VII, S. 279; Blum, Martin: Queer Desires and the Middle High German Comic Tale; Brendel, Rudolf: Über das mittelhochdeutsche Gedicht Der Borte von Dietrich von der Glezze; Bumke, Joachim: Mäzene im Mittelalter, S. 24, 207, 279, 657f.; Classen, Albrecht: Contracting love versus courtly love; Classen, Albrecht: Der Gürtel als Objekt und Symbol in der Literatur des Mittelalters; De Boor, Helmut: Die deutsche Literatur im späten Mittelalter. Zerfall und Neubeginn. Erster Teil 1250-1350, S. 276f.; Eichenberger, Nicole: Geistliches Erzählen, S. 280; Feistner, Edith: Manlîchiu wîp, wîpliche man; Fischer, Hanns: Studien zur deutschen Märendichtung, S. 67, 87, 114, 192, 199, 217, 222, 224, 235, 267; Gröchenig, Hans: Ein Fragment einer mittelalterlichen Maerenschrift aus der UB Klagenfurt; Grubmüller, Klaus: Die Ordnung, der Witz und das Chaos, S. 170-172; Von der Hagen, Friedrich Heinrich (Hg.): Gesamtabenteuer, Bd. 1, S. CXLIX-CLI; Hebenstreit, Maria: Der Borte des Dietrich von der Glezze; Heiland, Satu: Visualisierung und Rhetorisierung von Geschlecht, S. 172; Hotchkiss, Valerie R.: Clothes Make the Man, S. 100-104, 171; Hoven, Heribert: Studien zur Erotik in der deutschen Märendichtung, S. 30f., 35, 69-71, 321f., 329f., 388; Hufeland, Klaus: Die deutsche Schwankdichtung des Spätmittelalters, S. 5, 64, 66, 109, 113; Hufeland, Klaus: Quantitative Gliederung und Quellenkritik, aufgezeigt an Hartmanns Verserzählung ‚Der arme Heinrich’; Kirchhoff, Matthias: Nu merket baz; Klemenz, Paul: Der Anteil der Grafschaft Glatz an der deutschen Literatur, S. 3-7; Klemenz, Paul: Die Literatur der Grafschaft Glatz; Klemenz, Paul: Die Literatur der Landes- u. Volkskunde der Grafschaft Glatz, S. 30; Klemenz, Paul: Ist Dietrich von der ‚Glezze’ der älteste Dichter des Glatzer Landes?; Klemenz, Paul: Zur Herkunft des ältesten Grafschafter Dichters; Klingner, Jacob: Der Sündenfall als Glücksfall?; Knapp, Fritz Peter: Zweifels- und Grenzfälle; Köhler, Reinhold: Zu Dietrichs von der Glezzes Gedicht ‚Der Borte’; Kralik, Dietrich von: Der Borte des Dietrich von der Glesse; Kralik, Dietrich von: Der Borte Dietrichs von der Glezze in ursprünglicher Gestalt; Kraß, Andreas: Das erotische Dreieck; Kraß, Andreas: Geschriebene Kleider, S. 296-303; Leitzmann, Albert: Zu von der Hagens Gesamtabenteuer; Lichtblau, Karin/Tuczay, Christa (Hg.): Motif-Index of German secular narratives from the beginning to 1400. Heroic Epic – Maere and Novellas, S. 238; Liebrecht, Felix: Beiträge zur Novellenkunde mit besonderem Bezug auf die ältere deutsche Literatur, S. 261; Linke, Hans-Jürgen: Wertewandel im Widerschein kleinepischer Versdichtung des späten Mittelalters, S. 460, 466; Londner, Monika: Eheauffassung und Darstellung der Frau in der spätmittelalterlichen Märendichtung, S. 244, 267, 269f., 284, 288, 292, 311; Meyer, Otto Richard: Das Quellenverhältnis des Borten; Meyer, Otto Richard: Der Borte des Dietrich von der Glesse, S. 1-72; Mihm, Arend: Überlieferung und Verbreitung der Märendichtung im Spätmittelalter, S. 13; Moshövel, Andrea: Wîplîch man; Moshövel, Andrea: Zum ‚Preis‘ höfischer Minne; Naumann, Bernd: Dietrich von der Glezze; Połczyńska, Edyta: Der Erzähler in der Märendichtung des Mittelalters, S. 21, 64, 75, 93, 122; Niewöhner, Heinrich: Der Sperber und verwandte mittelhochdeutsche Novellen, S. 66; Ortmann, Christa/Ragotzky, Hedda: Minneherrin und Ehefrau; Pastré, Jean-Marc: La distinction des styles et les „maere“ des 13ème et 14ème siècles, S. 206; Pastré, Jean-Marc: Amour et impunité dans les fabliaux allemands, S. 244, 247; Pastré, Jean-Marc: Le jardin dans les fabliaux allemands; Pastré, Jean-Marc: Quelques portraits de femme dans les fabliaux allemands du moyen âge, S. 57f.; Pfeiffer, Franz: Gesamtabenteuer, S. 717f.; Pritz, Susanne: Studien zu Tugend und Laster im spätmittelalterlichen Schwank, S. 163-167; Reichlin, Susanne: Dietrich von der Glezze, Der Borte (um 1270/1290); Reichlin, Susanne: Ökonomien des Begehrens, Ökonomien des Erzählens, S. 16, 18, 26f., 116, 151, 162, 194; Remele, Florian: Mann-männliches Begehren und Sexualverhalten in mittelhochdeutschen Texten; Rosenfeld, Hans Friedrich: Dietrich von der Glesse (VL); Rosenfeld, Hans Friedrich: Dietrich von der Glesse (Gletze); Rupp, Heinz: Schwank und Schwankdichtung in der deutschen Literatur des Mittelalters, S. 45; Schallenberg, Andrea: Spiel mit Grenzen, S. 334-336, 340, 401; Schauer, Franz: Geschichte der Vogtei von Weidenau, S. 10, 36f.; Schirmer, Karl-Heinz: Stil- und Motivuntersuchungen zur mittelhochdeutschen Versnovelle, S. 16f., 19f., 61, 129, 144, 200, 204, 253, 261; Scholz, Manfred Günter: Hören und Lesen, S. 114, 132, 166; Schopphof, Claudia: Der Gürtel, S. XI, 57, 163f., 185f.; Schultz, James: Love without desire in Mären of the thirteenth and fourteenth centuries, S. 137f.; Schwietering, Julius: Die Demutsformel mittelhochdeutscher Dichter; Spreitzer, Brigitte: Die stumme Sünde, S. 94-98; Steinmeyer, Elias von: Glezze; Strasser, Ingrid: Vornovellistisches Erzählen, S. 168, 170, 190f., 283, 292, A.600; Tax, Petrus W.: Zur Interpretation des ‚Gürtels’ Dietrichs von der Glezze; Wagner, Silvan: Erzählen im Raum, S. 243-274; Wagner, Silvan: Die Farben der Minne; Wagner, Silvan: Dietrich von der Glesse; Wagner, Silvan: ‚Guck Dich doch mal an!’; Wagner, Silvan: Grenzbetrachtungen, S. 29f.; Wagner, Silvan: Michel dôz und sêre lachen, S. 139, 142, 162; Westphal, Sarah: Textual Poetics of German Manuscripts 1300-1500, S. 132-135; Wolf, Edith: Die Komposition der Versnovelle des ausgehenden Mittelalters, S. 140-145; Ziegeler, Hans-Joachim: Erzählen im Spätmittelalter, S. 236, 255, 298 A. 65, 300-305, 311, 442
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Inhalt
Promythion
Das Gedicht heißt 'Der Gürtel'; man soll es nur vor einem höfischen Publikum lesen.
Narratio
Konrad, ein stolzer Ritter aus Schwaben, hat die schönste Frau zur Gattin. Eines Tages, während er zu einem nahen Turnier reitet, lustwandelt sie im Garten und begegnet einem fremden Ritter, der in Liebe zu ihr entbrennt. Sein Werben hat Erfolg, als er der Dame zum Entgelt für ihre Gunst Habicht, Windhunde, Ross und vor allem einen herrlichen Gürtel verheißt, der die Kraft hat, seinem Träger überall den Sieg zu verleihen. Ein Knecht belauscht das Liebespaar und entdeckt dem heimkehrenden Herrn die Treulosigkeit seiner Gattin. Dieser kehrt auf der Stelle um und begibt sich nach Brabant. Als die Frau zwei Jahre vergeblich auf ihn gewartet hat, verkleidet sie sich als Ritter und zieht mit Ross, Habicht, Windhunden und ihrem Wundergürtel an den Hof des Herzogs von Brabant, wo sie sich als Heinrich von Schwaben ausgibt. Bei einer Jagd zeichnen sich ihre Tiere besonders aus, und der Hezog versucht vergeblich, sie ihr abzukaufen. Danach gelingt ihr ein Turniersieg über einen bis dahin unbesiegten Engländer. Konrad und "Heinrich" begleiten den Herzog auf einer Heerfahrt. Auf einem Kundschaftsritt bittet Konrad seinen Gefährten, ihm Windhunde, Habicht oder Ross zu schenken. Heinrich sagt ihm Habicht und Windhunde zu, wenn er ihm, der er nur Männer liebe, zu Willen sei. Konrad geht widerstrebend darauf ein. Da gibt sich "Heinrich" als seine Frau zu erkennen und tadelt ihn, dass er sich um eines so kleinen Gewinnes willen mit unnatürlicher Liebe versündigen wolle, während sie in ihrem Bestreben, ihm den siegspendenden Gürtel zu erwerben, nur etwas Menschliches getan habe. Konrad bittet um Verzeihung, sie schenkt ihm die begehrten Gaben, und beide kehren nach Schwaben zurück.
Epimythion
Dietrich von der Glezze hat die Erzählung gedichtet. Er rät allen Männern, die Frauen zu ehren. Wilhelm von Weidenau hat ihn beauftragt; dem Punzinger möge eine geliebte Frau ihren Trost senden.
(Vgl. Fischer, Hanns: Studien zur deutschen Märendichtung, S. 451)
Forschungsüberblick
In der Forschung des 19. Jahrhunderts standen Fragen nach der Autorbiographie, der literaturhistorischen Verortung der Erzählung und vor allem der formalen Gestalt der Dichtung – Metrik, Reim, Lautung – im Mittelpunkt des Interesses. Eine erste Textausgabe des Märes lieferte Friedrich Heinrich von der Hagen 1850 in seiner Märensammlung Gesammtabenteuer, wobei seine zahlreichen Konjekturen bei Brendel, Rudolf: Über das mittelhochdeutsche Gedicht Der Borte von Dietrich von der Glezze, Kralik, Dietrich von: Der Borte Dietrichs von der Glezze in ursprünglicher Gestalt, und Leitzmann, Albert: Zu von der Hagens Gesamtabenteuer und scharf kritisiert wurden. Meyer, Otto Richard: Der Borte des Dietrich von der Glesse lieferte 1915 eine kritische Neuausgabe des Textes. Unter völkischem Blickwinkel wurde diskutiert, ob der Erzählstoff des Gürtels „ursprünglich deutsch“ sein könne (negativ Von der Hagen, Friedrich Heinrich (Hg.): Gesamtabenteuer, positiv Klemenz, Paul: Die Literatur der Grafschaft Glatz; Klemenz, Paul: Die Literatur der Landes- u. Volkskunde der Grafschaft Glatz; Klemenz, Paul: Ist Dietrich von der ‚Glezze’ der älteste Dichter des Glatzer Landes?; Klemenz, Paul: Zur Herkunft des ältesten Grafschafter Dichters).
Im 20. Jahrhundert interessierten nach dem II. Weltkrieg zunächst vor allem soziohistorische Fragen nach der Moral im Märe (vgl. Pritz, Susanne: Studien zu Tugend und Laster im spätmittelalterlichen Schwank, Londner, Monika: Eheauffassung und Darstellung der Frau in der spätmittelalterlichen Märendichtung, Hoven, Heribert: Studien zur Erotik in der deutschen Märendichtung, Spreitzer, Brigitte: Die stumme Sünde, später auch Klingner, Jacob: Der Sündenfall als Glücksfall?) und Fragen nach der Baustruktur und dem Symbolismus im Märe (vgl. Hufeland, Klaus: Die deutsche Schwankdichtung des Spätmittelalters, später auch Kraß, Andreas: Geschriebene Kleider und Wagner, Silvan: Die Farben der Minne).
Seit den 1990er Jahren wurde das Märe für die Genderforschung (vgl. Ortmann, Christa/Ragotzky, Hedda: Minneherrin und Ehefrau) und Queer-Forschung (vgl. Blum, Martin: Queer Desires and the Middle High German Comic Tale, Kraß, Andreas: Das erotische Dreieck, kritisch dazu Kirchhoff, Matthias: Nu merket baz) zu einem wichtigen Untersuchungsgegenstand, wobei vor allem der Kleider- und ggf. Geschlechterwechsel der Dame zentral gesetzt wurde (vgl. Kraß, Andreas: Geschriebene Kleider, Hotchkiss, Valerie R.: Clothes Make the Man, Feistner, Edith: Manlîchiu wîp, wîpliche man).
Seit 2000 gerät das Märe vermehrt bezüglich seiner kommunikativen und performativen Strukturen in den Blick: (vgl. Wagner, Silvan: ‚Guck Dich doch mal an!’, Reichlin, Susanne: Dietrich von der Glezze, Der Borte (um 1270/1290), Wagner, Silvan: Erzählen im Raum).
Sonstiges
Das Märe ist als Hörspiel komplett auf Mittelhochdeutsch erschienen: Wagner, Silvan: Der Borte.