Der Wolf und sein Sohn (Der Stricker)

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Der Wolf und sein Sohn; Der wolf und sin sun; Von dem wolff, sienem sun vnd von dem krebs; Vom Wolf und seinem Sohn

AutorIn Der Stricker
Entstehungszeit ca. 1220-1250 (Malm, Mike: Der Stricker, S. 369)
Entstehungsort Ostfränkisch/Rheinfränkisch, Österreich? (Malm, Mike: Der Stricker, S. 369)
AuftraggeberIn
Überlieferung Wien, ÖNB: Cod. 2705 (online: [1])
Wien, ÖNB: Cod. 2885 (online: [2])
München, UB: 2° Cod. ms. 731 (online: [3])
Heidelberg, UB: Cpg 341 (online: [4])
Innsbruck, Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum: Hs. FB 32001
Genève-Cologny, Bibliotheca Bodmeriana: Cod. Bodmer 72 (online: [5])
Karlsruhe, Badische Landesbibliothek: Karlsruhe 408 (online: [6])
Ausgaben Mettke, Heinz (Hg.): Fabeln und Mären von dem Stricker, S. 21-27
Moelleken, Wolfgang Wilfried (Hg.): Die Kleindichtung des Strickers, Band 3,1, S. 36-46
Schwab, Ute (Hg.): Der Stricker. Tierbispel, S. 21-29
Übersetzungen
Forschung Böhm, Sabine: Der Stricker, S. 59; González, Emilio: Die Figur des lupus poenitens im Tierbispel "Der Wolf und sein Sohn"; Hagby, Maryvonne: man hat uns fur die warheit … geseit, S. 140-147; Mihm, Arend: Überlieferung und Verbreitung der Märendichtung im Spätmittelalter, S. 40, 76f.; Nowakowski, Nina: Sprechen und Erzählen beim Stricker, S. 32, 72, 97-104, 127; Schilling, Michael: Poetik der Kommunikativität in den kleineren Reimpaartexten des Strickers; Strasser, Ingrid: Vornovellistisches Erzählen, S. 129; Ziegeler, Hans-Joachim: Erzählen im Spätmittelalter, S. 99 A. 8, 109, 119, 125, 127f., 141-143, 145, 148f., 152, 157, 159f., 196f., 201, 206, 481

Die Überlieferung wurde nach Moelleken, Wolfgang Wilfried (Hg.): Die Kleindichtung des Strickers übernommen; Seitenangaben und ggf. Neufunde fehlen noch.

Inhalt

Narratio

Ein Wolf beichtet seinem Sohn, er fürchte um seine Seele, da er schon vielen geschadet habe. Wenn er keine Buße leiste, sei er auf ewig verdammt. Er wolle seine Reue in guten Werken zeigen und sich jeder Buße aussetzen. Der Sohn antwortet, hier zeige sich wieder der überlegene Verstand seines Vaters. Es gehe ihm wie dem Vater, und er wolle auf dessen Rat hören. - Beide entschließen sich, wie in der Carena 40 Tage zu fasten, und hoffen so, der ewigen Verdammnis zu entkommen. - Zur Essenszeit am Mittag kommen beide an einen Bach, an dem ein Esel grast. Der Alte spricht zum Sohn, Gott habe ihrer gedacht und ihnen diesen Krebs aus dem Wasser geschickt, damit sie trotz Fleischverbot nicht zu hungern brauchten. Sie töten und fressen den armen Esel, von dem sie behaupten, er sei ein Krebs, obwohl sie es doch an seinem Äußeren hätten sehen können. - Einige Leute haben die Wölfe bemerkt und jagen sie mit 20 Hunden; dei Wölfe fliehen. Der alte Wolf fragt, was der Lärm der Verfolger bedeute; vielleicht seien sie so aufgeregt, weil der Krebs, den sie gegessen hätten, ein Esel gewesen sein könne. - Der Sohn vertraut wieder dem größeren Verstand des Vaters; er glaube ihm seine Vermutung und, so weit er Krebse kenne, seien sie nicht so groß wie der eben und gingen auch nicht auf die Wiese. - Der Alte bittet den Sohn, der bessere Augen habe, nach den Verfolgern zu sehen. Der Sohn gibt Bescheid: Alle Hunde bellen, halten Kopf und Schwanz hoch bis auf zwei, die vornweg rennen; sie sind ruhig, halten Kopf und Schwanz an der Erde. - Das seien Windhunde und diese brächten ihnen den Tod, sagt der Alte. Er sei alt und müsse nun das Leben aufgeben; der Sohn möge fortrennen, ihm noch einen Kuss zum Abschied geben und Gott um Gnade für die Seele des Vaters bitten. - Der Sohn bietet dem Vater den Mund und kommt so in die größte Not, die er je erlebt. Der Vater beißt ihm in die Kehle, so dass er nicht mehr laufen kann, und flieht selbst weiter. Die Windhunde stürzen sich auf den Sohn und töten ihn ganz. Währenddessen kann sich der Alte im Wald in Sicherheit bringen. Als es ihm ans Leben ging, hat er den Tod des Sohnes leicht verschmerzt.

Epimythion

Wer die Treue eines Wolfs hat, den soll man meiden. In der Zeit der Not hilft er niemandem, bei dem er doch war, solange er etwas von ihm hatte. Wenn er aber einmal einstehen soll, setzt er sich nicht ein. Seine Treulosigkeit macht ihn blind gegenüber dem eigenen Kind. Von ihm darf niemand Treue erwarten. So ergeht es dem schlecht, der dem Untreuen nicht ausweichen kann. - Einem, dem er erst schmeichelt, bietet er damit Schach und bringt ihn dann um, weil er nicht anders kann, als ihm den Wolfszahn zu zeigen.

(Ziegeler, Hans-Joachim: Erzählen im Spätmittelalter, S. 481)