Dimpel, Friedrich Michael: des muoz ich ûf genâde lônes bîten (MF 194,33)
Zitation
Friedrich Michael Dimpel: des muoz ich ûf genâde lônes bîten (MF 194,33). Ambivalenzen der Lohn-Metapher bei Reinmar und im ‚Mauritius von Craun‘. In: Amsterdamer Beiträge zur älteren Germanistik (ABäG) 72, 2014, S. 197–228
Beschreibung
Dieser Beitrag diskutiert Grenzen und Chancen einer Applikation von Überlegungen aus der Gabentheorie auf den Minnedienst bei Reinmar sowie im ‚Mauritius von Craun‘. Während die umworbene Dame den Dienst als Gabe auffassen und sich zu einer Gegengabe verpflichtet sehen kann, kann der Werbende seinen Dienst kaum als Gabe betrachten. Die Dienst-Lohn-Metaphorik suggeriert lediglich, dass es sich um reziprozitäres Verhältnis handeln würde. Die Dame kann die Liebe erwidern (Primärlohn) oder sie kann dem Werbenden nur freundlich entgegenkommen (Sekundärlohn). Dem Liebenden muss es stets um Gegenliebe gehen, nicht um Sekundärlohn. Primärlohn kann jedoch in Gegensatz zu Sekundärlohn nicht willentlich gewährt werden. Gegenliebe kann nicht eingefordert werden; nur Sekundärlohn ist so beschaffen, dass er Teil eines merkantilen Diskurses werden kann. Reinmar hält es häufig in der Schwebe, um welchen Lohntypus es ihm geht; er nutzt dabei die Ambivalenzen und das suggestive Potential der Dienst-Lohn-Metapher. Mauritius von Craun bittet die Gräfin gerade nicht um Sekundärlohn. Sie veranlasst ihn jedoch dazu, zu glauben, er solle Primärlohn erhalten, auch wenn ihre Wortwahl zugleich auch zeigt, dass sie sich ihm verpflichtet fühlt: es kommt zu Interferenzen zwischen Primär- und Sekundärlohn. Die Lohnverweigerung folgt jedoch der Sekundärlohnlogik: Offenbar war ihm nur Sekundärlohn zugedacht, der ihm zudem vorenthalten wurde.