Bürgermeister und Königssohn (Heinrich Kaufringer)

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Bürgermeister und Königssohn; Der Bürgermeister von Erfurt und der König von Frankreich

AutorIn Heinrich Kaufringer
Entstehungszeit Nach 1392 (Sappler, Paul (Hg.): Heinrich Kaufringer. Werke, S. VIII)
Entstehungsort Lechtal (Landsberg am Lech ?)
AuftraggeberIn
Überlieferung München, BSB: Cgm 270, 263r-271v [1][2]
Ausgaben Sappler, Paul (Hg.): Heinrich Kaufringer. Werke, Bd. 1, S. 41-52
Übersetzungen Lemmer, Manfred: Deutschsprachige Erzähler des Mittelalters, S. 443-452
Forschung Ackermann, Dorothea: Gewaltakte - Disziplinierungsapparate, S. 148-153; Beine, Birgit: Der Wolf in der Kutte, S. 183, 225, 229, 232, 295; Euling, Karl: Studien über Heinrich Kaufringer, S. 62-65; Fischer, Hanns: Studien zur deutschen Märendichtung, S. 65, 96, 120f., 149; Frosch-Freiburg, Frauke: Schwankmären und Fabliaux, S. 219; Grubmüller, Klaus: Die Ordnung, der Witz und das Chaos, S. 179, 191; Heiles, Marco: Heinrich Kaufringer Bibliographie 1809–2018; Hoven, Heribert: Studien zur Erotik in der deutschen Märendichtung, S. 116, 180, 186f.; Jurchen, Sylvia: Kaufringer; Kellner, Johannes: Spuren frühneuzeitlicher Medialität in Heinrich Kaufringers Erzählen; Londner, Monika: Eheauffassung und Darstellung der Frau in der spätmittelalterlichen Märendichtung, S. 284-287; Połczyńska, Edyta: Der Erzähler in der Märendichtung des Mittelalters, S. 36, 37, 49; Reichlin, Susanne: Ökonomien des Begehrens, Ökonomien des Erzählens, S. 16, 37, 92, 149, 163, 180, 187-213, 216, 218, 220, 228, 231-235; Rippl, Coralie: Erzählen als Argumentationsspiel, S. 5f., 274, 302; Stede, Marga: Schreiben in der Krise; Schneider, Martin: Kampf, Streit und Konkurrenz, S. 123f., 138, 141, 151f.; Ziegeler, Hans-Joachim: Erzählen im Spätmittelalter, S. 233, 257, 334

Inhalt

Promythion

Ein Aufenthalt in der Fremde wirkt erzieherisch; deshalb senden hohe Herren oft ihre Söhne auf die Universität.

Narratio

Der Sohn des französischen Königs studiert, von allen unerkannt, in Erfurt und kann sich dank seiner reichen Mittel ein schönes Leben machen. Nun ereignen sich gerade in dieser Zeit mehrere geheimnisvolle Diebstähle, Der Verdacht fällt auf den reichen Studenten, und der Bürgermeister wird vom Stadtrat beauftragt, sich unauffällig nach der Herkunft des jungen Mannes und der Quelle seiner Einkünfte zu erkundigen. Der Prinz wahrt jedoch sein Inkognito und behauptet, er bekomme wöchentlich aus jedem Haus der Stadt von der Frau ein halbes Pfund Pfennige und von der Hausmagd die Hälfte. Die bestürzten Stadtväter unterlassen weitere Nachforschungen. Bald darauf sieht der Bürgermeister, als er mit seiner schönen Frau am Fenster sitzt, den Studenten Vorbeigehen und lächelt in Erinnerung an den Vorfall, den er seiner Frau auf ihr Drängen hin erzählt. Sie verurteilt den lockeren Lebenswandel des Studenten, ist aber insgeheim verletzt, daß er ihr Haus übergangen hat, und würde den Vielbegehrten gern zu sich einladen. Der Gatte merkt, daß er zuviel gesagt hat, beschließt aber, der Sache ihren Lauf zu lassen. Als er unter einem Vorwand fortreitet, läßt die Frau sogleich den Prinzen holen, und der heimlich zurückgekehrte Gatte kann die Liebenden bei einem gemeinsamen Bad überraschen. Er nimmt den Erschrockenen die Kleider weg und versperrt die Kammer, kehrt dann aber zu ihrer Überraschung mit Speisen und Getränken zurück und bewirtet sie freundlich. Endlich bittet er den Studenten, sein Haus in Zukunft zu meiden; den wöchentlichen Minnesold werde er dennoch pünktlich erhalten. Von so viel Großmut beschämt, lüftet der Königsohn sein Geheimnis und versichert, daß er niemands Ehre zu nahe getreten sei. Zum Dank für seine Nachsicht schenkt er dem Bürgermeister wertvolle Handelsfreibriefe.

Epimythion

Wer sich zu beherrschen weiß, handelt weise.

(Fischer, Hanns: Studien zur deutschen Märendichtung, S. 480)