Fabel
Definitorische Ansätze
Die Gattung Fabel ist durch ihren Traditionszusammenhang (äsopische Fabel) und ihr typisches Personal bestimmt als lehrhafte Textsorte, in der „nicht-menschliche Akteure (Tiere, Pflanzen, unbelebte Gegenstände usw.) agieren, als stünden ihnen die Möglichkeiten menschlichen Bewusstseins zur Verfügung“ (Grubmüller: Fabel, S. 555).
Das Tierepos unterscheidet sich von der Fabel durch seine Episodenreihung und seine satirische Tendenz (vgl. Grubmüller: Fabel, S. 555), wobei strittig ist, ob sich die Fabel aus dem Tierepos oder das Tierepos aus der Fabel entwickelt hat (vgl. Leibfried: Fabel, S. 17). Das Märchen unterscheidet sich von der Fabel durch sein in der Regel menschliches Personal und die grundsätzliche Bedeutung von Magie (vgl. Leibfried: Fabel, S. 17). Von der Parabel unterscheidet sich die Fabel ebenfalls durch ihr Personal und durch ihre symbolische, nicht allegorische Beziehung zwischen Geschichte und Lehre (vgl. Leibfried: Fabel, S. 18). Das Gleichnis unterscheidet sich von der Fabel durch seinen hypothetischen Charakter und den expliziten Vergleich (vgl. Grubmüller: Fabel, S. 555).
Überlieferungsformen
Die deutschsprachige Fabeldichtung ist in der Regel Übersetzung und Bearbeitung antiker Vorbilder (vgl. Leibfried: Fabel, S. 46). Fabeln sind verstreut als Einzeltexte überliefert. Daneben können Fabeln auch unselbständig als abgrenzbare Erzähleinheiten in großepischen Texten auftreten. Großepische Texte können auch aus mehreren Fabeln zusammengesetzt sein, wodurch Tierepen entstehen. In der Kompilation vieler in sich abgeschlossener und ggf. thematisch geordneter Einzelfabeln entstehen Fabelsammlungen. Als Sonderform existieren fabelartige Texte in der Form der Sangspruchdichtung. Die folgenden Listen orientieren sich an Leibfried: Fabel und führen Fabeln bis ausschließlich zum Barock auf.
Selbständige Fabeln
- Fliege und Kahlkopf (Der Stricker)
- Der Hahn und die Perle (Der Stricker)
- Der Hase (Der Stricker)
- Hase und Löwe (Der Stricker)
- Der Hofhund (Der Stricker)
- Hofhund und Jagdhunde (Der Stricker)
- Der Kater als Freier (Der Stricker)
- Die Katze (Der Stricker)
- Der Rabe mit den Pfauenfedern (Der Stricker)
- Der Vogel und der Sperber (Der Stricker)
- Der Wolf und das Weib (Der Stricker)
- Der Wolf und der Biber (Der Stricker)
- Der Wolf und sein Sohn (Der Stricker)
Fabeln in großepischen Texten
Tierepen
Fabelsammlungen
- Aesop (Heinrich Steinhöwel)
- Buch der Beispiele der alten Weisen (Antonius von Pforr)
- Buch der natürlichen Weisheit (Ulrich von Pottenstein)
- Das Buch von der Tugent und Weißheit (Erasmus Alberus)
- Esopus (Burkhard Waldis)
- Etliche Fabeln aus Esopo verdeudscht (Martin Luther)
- Fabeln (Gerhard von Minden)
- Magdeburger Aesop
- Physiologus
Sammlungen mit Fabeln
Fabelartige Erzähllieder
Leibfried: Fabel, S. 50f., führt Spervogel und Herger an als Sangspruchdichter, die Protofabeln in Liedform produzieren (etwa MF 23,20; 27,13ff.; 27,27ff. 27,29ff. vgl. auch ebd., S. 54 zu Meister Stolle und Dem Guotaere). Daneben verweist Leibfried auch auf zahlreiche Meistersang-Lieder (ebd., S. 58, 67). Diese Lieder müssen noch identifiziert und eingepflegt werden.