Kategorie:Quelle Märe/Versnovelle

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Definitorische Ansätze

Hanns Fischer etablierte 1968 in seinen Studien zur deutschen Märendichtung Mären als Gattung in Abgrenzung zu Geistlicher Rede, Weltlich-didaktischer Rede, Kurzgnomik, Spruchgedicht, Politischer Rede, Preisrede, Minnerede, Streitgedicht, Persönlicher Rede, Quodlibet, Parodie religiöser Texte, Zechrede, Obszönrede, Klopfan, Priamel, Legende, Mirakelerzählung, Teufelserzählung, Frommer Welterzählung, Historischem Spruchgedicht, Fabel, Weltlichem Spiel, Heldenepik, Erzählendem Lied, Roman, Bispel. Auf Basis eines Merkmalskataloges definiert Fischer:

„Ein Märe ist eine in paarweise gereimten Viertaktern versifizierte, selbständige und eigenzweckliche Erzählung mittleren (150 – 2000 Verse) Umfangs, deren Gegenstand fiktive, diesseitig-profane und unter weltlichem Aspekt betrachtete, mit ausschließlich (oder vorwiegend) menschlichen Personal vorgestellte Vorgänge sind.“ (Fischer, Hanns: Studien zur deutschen Märendichtung, S. 62f.).

Auf dieser Basis identifiziert Fischer ein Korpus von 220 Mären und 44 Grenzfällen (vgl. Liste der Märenzuordnungen) und differenziert das Korpus auf Basis von Thema und Personal in die Bereiche schwankhaftes Märe, höfisch-galante Mären und moralisch-exemplarische Mären.

Parallel zu Fischer erschließt 1969 Karl-Heinz Schirmer in seinen Stil- und Motivuntersuchungen zur mittelhochdeutschen Versnovelle das Textkorpus auf rhetorischer Basis, wobei er alternativ den Begriff Versnovelle verwendet. Schirmer differenziert darin das höfisch-galante Märe, den reinen Schwank und das moralisch-exemplarische Märe als drei Hauptzweige der Märengattung (vgl. Schirmer, Karl-Heinz: Stil- und Motivuntersuchungen zur mittelhochdeutschen Versnovelle, S. II).

Ziegeler nimmt in seiner 1985 erschienen Arbeit Erzählen im Spätmittelalter Abstand von einem Gattungsbegriff und bezeichnet mit „Märe“ stattdessen eine „Form des Erzählens, die sich bemüht, sowohl im Rahmen der Erzählstrukturen, die einem Beweis dienen, durch Motivationen des Handelns der Figuren Identifikationen des Lesers zu stiften, als auch im Rahmen von Erzählschemata, die das Erzählen einer ‚Geschichte’ erleichtern, durch ‚thematische Engführung’ oder durch Konvergenz mit Schwankschemata den Leser wieder in Distanz zum Helden zu rücken“ (Ziegeler, Hans-Joachim: Erzählen im Spätmittelalter, S. 456.

Ingrid Strasser stellt in ihrer 1989 erschienenen Studie Vornovellistisches Erzählen das Märe in die Tradition des französischen Fabliaux und grenzt es formal vor allem gegen das Bispel ab, dessen allegorisch oder vergleichend aufeinander bezogene zweiteilige Form dem Märe fehle.

Grundsätzlich kritisch zur Behauptung einer Gattung Märe verhalten sich Joachim Heinzle, der die fehlende Abgrenzbarkeit zum Bispel als „formale ‚crux‘ des Märenbegriffs“ bezeichnet (Heinzle, Joachim: Märenbegriff und Novellentheorie, S. 99), und Walter Haug, der das Textkorpus als „Erzählen im gattungsfreien Raum“ (Haug, Walter: Entwurf zu einer Theorie der mittelalterlichen Kurzerzählung, S. 6) fasst.

Gemeinsamer Bezugspunkt dieser divergenten Gattungsdiskussion ist ein Gattungsbegriff, der letztlich auf Jauß, Hans Robert: Alterität und Modernität der mittelalterlichen Literatur und einem statischen Merkmalsbündel aufbaut. Dies kritisiert Klaus Grubmüller in seiner Monographie Die Ordnung, der Witz und das Chaos von 1999. Er versteht die Gattung Märe als literarische Reihe, deren „aufeinander folgende[] Elemente oder Stufen sich [...] aufeinander beziehen“, so dass „Kriterien, die für den Anfang galten, am Ende nicht mehr unbedingt zu erwarten“ (Grubmüller, Klaus: Die Ordnung, der Witz und das Chaos, S. 200f.) seien. Den Beginn dieser dynamischen Gattung sieht Grubmüller beim Stricker, der das Exempel aus dem lateinischen Kontext löse (vgl. Grubmüller, Klaus: Die Ordnung, der Witz und das Chaos, S. 202).

Diesen Ansatz verfolgt Silvan Wagner im 2018 erschienenen Sammelband Mären als Grenzphänomen weiter und definiert Mären funktional als „deviante Komplementärliteratur“ im Vergleich zur übrigen höfischen bzw. später städtischen Literatur. Mären machten damit die literarische Sinngenese über die Basisunterscheidungen Ordnung/Unordnung bzw. Normalität/Abnormalität beobachtbar (vgl. Wagner, Silvan: Grenzbetrachtungen).

Wichtige Editionen

Im Folgenden sind wichtige Editionen von Mären bzw. Versnovellen gelistet. Eine vollständige Anzeige der in der Database eingepflegten Editionen und Übersetzungen von Mären bzw. Versnovellen finden Sie hier.

Liste der Mären

In der Forschung war es lange Zeit strittig, welche Texte in die Märendichtung bzw. Versnovellistik einzuordnen sind. Die folgende Auflistung erhebt keinen Anspruch, diese Fragen zu entscheiden, sondern listet lediglich alle Texte, die von der Forschung als Märe bzw. Versnovelle identifiziert worden sind. Einen Einblick in die unterschiedlichen Zuordnungen durch die Forschung findet sich hier.

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